Es waren ein paar Stunden vergangen, nach dem Ende der Mission. Pags stand einer Flasche Niedrigprozentigem und hochwertigem Alkohol, und zwei Gläsern vor Lidija´s Quartier und betätigte den Summer. Er hatte soetwas nicht häufig getan, aber es erschien ihm angemessen und angebracht.
Er selbst war im blauen Bordanzug gekleidet, nicht ganz so förmlich wie der Galaanzug, aber deutlich formeller als die graue Dienstkleidung oder ein Overall. Wie er da so stand, betrachtete er interessiert die Wände um die Tür. Sie waren sauber, ohne nennenswerte Flecken. Es hatten also nicht viele Menschen hier gewartet.
Der gemeine Soldat hatte die Angewohnheit, sich beim Warten an einer Tür anzulehnen, mit Kopf, Rücken oder Fuß. Dies hinterließ immer verräterische Spuren. Vor offiziellen Büros, denen der Kapitäne und Geschwaderführer, waren auf Kopf und Fußhöhe meist Folienstreifen oder Bleche, damit die verräterischen Spuren nicht sofort auffielen. An privaten Quartieren, seltener.
Lidija saß still neben ihrer Koje auf dem Boden, ein abgegriffenes Foto von Scott in der Hand. So saß sie bereits, seit sie sich nach der Abgabe des Berichts in ihr Quartier begeben hatte. Sie hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, ihre Fliegerkombi gegen bequemere Kleidung einzutauschen oder sich auch nur ihrer Stiefel zu entledigen. Selbst die Ankündigung von Besuch war für sie keine Veranlassung, etwas an ihrer Position zu ändern. Vermutlich war es sowieso nur Rakhas und der würde sich vermutlich nichts dabei denken.
Pags öffnete die Tür und betrachtete das Bild, das sich ihm bot. Lilly sah nicht gut aus. Sie erinnerte ihn an sich selbst. Damals als sie die Midway der Loyalisten abgeschossen hatten. Damals als er die Delius Station übernommen und die Überlebenden gefunden hatte, die nur Wochen später euthanasiert werden mussten.
Er schloss die Türe hinter sich, ging zu ihr herüber, setzte sich neben sie, und goss wortlos jeweils ein Glas ein. Erwartete einen Augenblick, ob sie sich ihn zu wenden würde, und hielt ihr dann ein Glas hin. "Es ist immer hart, wenn man sich entscheidet auf die eigenen Leute zu schießen. Egal, ob man sie erkennt, oder nicht." Er lächelte:" Sie hatten den richtigen Riecher. Es war etwas mit ihnen faul. Nur nicht so, wie wir vermutet haben."
Er dachte einen Moment nach, ob er fragen sollte, aber dann entschied er sich dafür:" erlauben Sie mir die Frage, warum wollten Sie Ihren Doppelgänger so unbedingt abschießen."
Lidija nahm teilnahmslos zur Kenntnis, wie mit Vanguard Deveraux ausgerechnet einer von denjenigen ihr Quartier betrat, die sie am wenigsten sehen wollte, besonders jetzt nicht. Andererseits passte es perfekt zum Verlauf des heutigen Tages, dass auch dieser Kelch nicht an ihr vorüber ging. Ihr Blick folgte ihrem Besucher gleichgültig durch den Raum, als dieser sich anschickte sich neben sie zu setzen. Das angebotene Glas ignorierend bestand ihre einzige sichtbare Reaktion darin, Scotts Foto unter das Kissen ihrer Koje zu schieben.
Ich wollte sie als Gefangene zurückbringen, um sie zu verhören. *schulterzuckend erwidert.* Sie hätte etwas mit dem Verschwinden des Invictus-Piloten zu tun haben können.
Pags ließ das Glas an Ort und Stelle. "Legitimer Grund, aber was, wenn sie den Ausstieg nicht geschafft oder gewollt hätte? Nicht viel Verhör möglich..." Er kannte Lilly noch nicht sehr gut, aber er hatte die Vermutung, daß ihr passiv aggressives Verhalten etwas mit der Person auf dem Foto zu tun hatte, daß sie gerade hatte verschwinden lassen. Phoenix wusste nix darüber, vermutlich kannte er den Betreffenden sowieso nicht.
"Aber das ist auch nicht, was ich meinte..." er konfrontierte sie sanft aber bestimmt, "Man gibt einen Warnschuss ab, und Sie lassen einen vollen Angriff fliegen? Sie bestehen auf den Abschuss um jeden Preis, sie reagieren auf den Funk mit absoluter härte... das ist zumindest ungewöhnlich." ließ er die Worte im Raum stehen.
"Es war, als wenn Sie einen Firrekkaner mit denen zu rupfen hätten..."
Wir wussten, dass dieses Geschwader nicht die Black Drakes sein konnten. Außerdem haben sie Jacquard äußerst aggressiv bedrängt und schließlich das Feuer auf ihn und uns alle eröffnet. Das hat einen Gegenschlag doch geradezu herausgefordert. *gleichgültig erwiedert.*
"Hmmm... klingt nicht wie meine Geschwaderführerin." stellte er trocken fest "Waren Sie nicht diejenige, die sinnloses Blutvergießen auf´s Äußerste geächtet hat? Mal davon abgesehen das ich mich frage, was ein absoluter Frischling wie Jacquard in unserem Geschwader zu suchen hat. Zumindest im Moment scheint er alles andere als eine große Hilfe zu sein, und ihr ständiger Protektionismus lenkt sie von ihren anderen Aufgaben ab." analysierte er trocken. Er merkte schon, daß Lilly nicht bereit war, besonders auf ihn zu zu kommen. "Was halten Sie davon, wenn ich ihm anstatt ihnen den Rücken während der Missionen frei halte? Wir brauchen ihren klaren Kopf, und mir ist es egal, ob ich ihrem oder seinem leichten Jäger hinterher hetzen muss." Irgendetwas musste es doch geben, was sie zumindest auf ein kameradschaftliches Niveau holen könnte. Wenn das so weiter ginge, würde ihre Einstellung mehr kosten als nur eine kalte Schulter.
