Die drei Worte von Lilly ließen den großen Kilrathi stocken. Er war so fest entschlossen gewesen...aber sie war sein Olympic Hrai. Ein Freund, Kamerad und Vertrauter. So unwahrscheinlich es war. Vielleicht weil sie sein Gegenpol war. Er, der große Kilrathi, dem es nicht an Selbstvertrauen mangelte und der ohne mit der Wimper zu zuicken seine Feinde nieder machte und die zierliche Terranerin, die eigentlich immer gutherzig, offen und warm gewesen war und den Kampf bis zum Tod als letzten Ausweg nahm. Dann, irgendwann in letzter Zeit war da ein Wandel gewesen. Sie verschloss sich. Ihm gegenüber. Allen gegenüber. Wurde kälter und härter. Und doch tat es ihm weh diese Worte zu hören...dieser Ton der Verzweiflung. Er blinzelte und zog das Formular ein Stück zurück in seine Richtung. Nicht viel, aber dennoch ein Stückchen. Doch er sagte nichts. Er hätte nicht gewusst was er hätte sagen sollen. Er wusste, dass es Lilly am härtesten treffen würde. Oder eher er hatte es gehofft, dass es noch so war und ihre Freundschaft nicht dermaßen erkaltet war, dass es sie nicht traf.
Was genau haben sie vor, wenn sie gegangen sind? Ich habe schon verstanden, dass sie sich ihrem Volk wieder anschließen wollen, aber meinen sie wirklich sie können ihm dort besser dienen, als hier? Hier haben sie die Möglichkeit hinter den Linien der Feinde zu arbeiten. Dort werden sie wahrscheinlich als Verräter und Überläufer das Leben eines Sklaven leben müssen.
"Ich bin nicht der einzige, den mein Volk verstoßen hat. Aber ich bin der Überzeugung, dass jeder Kilrathi, egal ob er daheim willkommen ist, diese Bedrohung gegen seine eigene Art nicht einfach hinnehmen kann. Ich habe über die Jahre einige Investitionen gemacht, deren Früchte ich mittlerweile recht profitabel ernten kann. Ich werde dieses Geld verwenden, um Gleichgesinnte zu finden und uns zusammen zu schließen, um dieser Bedrohung begegnen zu können. Hier bin ich dagegen unter Menschen, denen ich, ganz frei gesprochen, nicht trauen kann, wenn ich sie nicht persönlich kenne. Ich bin fernab davon, einen unmittelbaren Einfluss auf die Geschicke meines Volkes zu nehmen. Auch wenn die TCN oft recht nobel ist und auch an andere als die eigene Art denkt, wird der Gedanke stets erst bei der Konföderation sein, dann bei den anderen menschlichen Reichen und zuletzt bei den Firekkanern, Varni und Kilrathi. Es ist natürlich. Der in unseren Genen eingeprägte Erhaltungstrieb, der unsere eigene Art vor jede Andere stellt." Er hatte keinen unmittelbaren Plan, aber angesichts der langen Zeit, die vergangen war, ehe er zuletzt Einblick auf die Zustände im Kilrathi Reich hatte, war dies nicht verwunderlich. Er musste an das Randgebiet, sich erkundigen und versuchen andere Verbannte zu finden, die sich ihm anschließen würden...aber dafür brauchte er Dinge, derer er sich rühmen konnte. Heldentaten, die ihn einer Führungsposition würdig machen würden.
Abgesehen davon, dass sie den Attentäter damit signalisieren, dass sie gewonnen haben, klingt das für mich äußerst illegal. Sie wollen eine private Miliz aus Verstoßenen auf dem Territorium der Kilrathi bilden. Ich hoffe ihnen ist klar, dass ich das ihrer Regierung melden muss, ansonsten heißt es wir hätten sie geschickt um das Kilrathi Imperium zu destabilisieren.
Lidija sah mit kühlem Blick zu Asha. Dass ausgerechnet dieser Mann, der selbst bereit war Vorschriften zu misachten, auf die Unrechtmäßigkeit von Rakhas Plänen hinwies, klang wie Hohn in ihren Ohren.
Icefox spürt Lillys Blick und schaut mit gewohnt neutraler Mine zurück. Er ahnt, was Lilly denkt. Aber das hier war etwas anderes. Hier ging es nicht darum Gesetze zu missachten um für Ordnung zu sorgen, hier geht es darum zu verhindern, dass die Kilrathi den Eindruck bekommen von einem terranischen Spitzel unterwandert zu werden. Hier geht es darum zu verhindern, dass es zu weiteren Spannungen zwischen TCN und Kilrathi kommt.
"Commodore Asha. Die Spannungen zwischen unseren Völkern könnten nicht größer sein. Statt klare Stellung zu beziehen, wird dieses Aufkeimen von Hass gegen mein Volk ignoriert und verschwiegen. Wie lange noch, bis es explodiert und Stellung bezogen werden muss? Können Sie mir garantieren, dass es zu dem Zeitpunkt nicht bereits zu spät ist und dieser Fremdenhass auch in der Konföderation um sich gegriffen hat? Natürlich nicht. Wir können ja nichtmals garantieren, dass unsere Maschinen, die zum Überleben aller an Bord wichtig sind, voll funktionstüchtig sind. Ich beziehe klare Stellung - mein Volk bleibt mein Volk, ob sie mich akzeptieren oder nicht - mein Blut ist kilrathisch, ebenso mein Denken und mein Wesen. Was ich vor habe ist vielleicht illegal, aber es ist das was getan werden muss, um schlimmeres zu verhindern. Die Welt wandelt sich und wir müssen uns mit ihr Wandeln. Lieber breche ich Gesetze und Vertrauen, als es zu einem großen Krieg kommen zu lassen, der diesmal mein Volk vernichten würde." Schließlich schob er das Formular komplett zu Commodore Asha herüber. "Tun Sie, was Sie für richtig halten, ich tue nichts anderes." Lillys Kommentar bejahte er mit einem Nicken. "Es ist das einzige, was sich für mich richtig anfühlt. Keiner an Bord würde anders handeln, wenn man die gesamte Menschheit derart bedrohen würde."
Darüber reden wir noch Lt. Col. Aber nicht jetzt. Kommt es nur von Icefox trocken in Richtung Lilly zurück. Dann wendet er sich zu Sabre. Dann kann ich ihnen nur noch viel Glück wünschen. Ich hoffe sie haben Erfolg. Das mit der Meldung an die Kilrathi würde ich am liebsten nicht tun. Aber wenn ich es nicht tue und sie entdeckt werden, dann heißt es die TCN hat sie geschickt um das Kilrathi Volk zu unterwandern und damit erreichen sie genau das Gegenteil von dem, was sie erreichen wollen. Sie werden in wenigen Stunden eine Möglichkeit haben das Schiff zu verlassen. Wir werden die Victoria treffen und eine Gruppe Marines an Bord nehmen. Die Victoria wird danach ins TCN Gebiet zurück kehren und kann sie mitnehmen. Eigentlich müsste ich sie in Gewahrsam nehmen und mit Drogen vollpumpen, bis sie sich an nichts konkretes mehr erinnern können, aber ich vertraue darauf, dass sie die Geheimhaltung einhalten. Das HQ wird von mir erfahren, dass sie sich nur noch verschwommen an die letzten 3,5 Jahre erinnern können, sollte sie jemand testen, passen sie also auf. Das ist das Einzige, was ich noch für sie tun kann. Man kann kurz eine gewisse Trauer in Icefoxs Augen sehen, dann nimmt er den Zettel entgegen und verlässt den Raum mit einem Salut und den Worten Es war mir eine Ehre sie als Pilot an Bord gehabt zu haben.
