Am Tag nach Helens Ankunft fand sich Maxwell gegen 0800 auf dem Flugdeck ein, um mit dem Neuzugang der Schatten ein paar Runden zu drehen. Er schlenderte gemächlich zur Wartezone hinüber, wo die Bodenmannschaften bereits seine Stiletto und Helens Hornet bereitgestellt hatten und blickte sich suchend nach Helen um.
Helen hatte in ihrer ersten Nacht ziemlich unruhig geschlafen. Wenn es tatsächlich wahr war, dass der erste Traum im neuen neuen Heim in Erfüllung ging... nun, es war aber immerhin sehr unwahrscheinlich, dass sie hier draußen von einem sprechenden Buckelwal zum Tee eingeladen würde. Sie versuchte, sich nicht von möglichen Interpretationen ablenken zu lassen als sie sich auf den Weg zu ihrer ersten Trainingseinheit machte.
Der Colonel war offenbar schon da und erwartete sie. Helen trug ihren Helm unter dem Arm und hatte die roten Haare hinter dem Kopf zusammengebunden. In der Fliegermontur sah die kleine Frau irgendwie unwirklich aus. Wie eine Videospielfigur. Helen strahlte Klinger an. “Guten Morgen, Colonel. Heute ist ein neuer Tag. Wollen Sie ihren Titel verteidigen?“ Er konnte ja schließlich nicht jeden Tag der Held des Tages sein, aber vielleicht auch doch. Jedenfalls vielleicht auch an diesem Tag.
Als die beiden noch auf ihre Maschínen warteten kam Cobra auf das Fd. Der Gang wie immer ein wenig lässig grinste sie Klinger zu während sie dem Kadetten ein Kopfnicken schenkte.
"Klinger!? Kasino heute Abend die Kadettin bezahlt ist klar hmm?" sagte sie leise lachend und zog dann ihren Helm auf bevor sie ihre Maschine enterte. Sie hatte Patrouillendienst die nächsten Stunden und würde dementsprechend gleich starten.
Maxwell zeigte Rhayne den erhobenen Daumen, als diese in ihre Maschine kletterte und sich auf den Start vorbereitete.
Du meinst meinen Titel als undisziplinierter, verantwortungsloser und leichtsinniger Tunichtgut? Den muss ich nicht verteidigen. Ich habs ganz offiziell, dass ich darin der Beste in der Flotte bin.
Maxwell grinste Helen breit an, bevor er unvermittelt wieder geschäftsmäßig wurde.
Also, Lilly möchte, dass wir beide einen kleinen Ausflug machen. Ich soll mir ansehen wie du deine Maschine beherrscht, wie du Formation halten kannst und jede Menge Bla bla mehr. Wenn ich zufrieden bin, hab im am Ende eine kleine Überraschung für dich. Wenn ich unzufrieden bin, wird uns Lilly zwingen, das solange zu wiederholen, bis ich zufrieden bin.
Maxwell wartete einen Moment, damit Helen seine Worte aufnehmen konnte.
Also, ich gehe zuerst raus, ziehe nach rechts weg und warte dann auf dich. Du startest 10 Sekunden später und kommst dann zu mir. Soweit klar? Dann Aufsitzen!
Ohne auf eine Antwort zu warten, setzte Maxwell seinen Helm auf und kletterte in das Cockpit seine Maschine.
Helen hatte aufmerksam zugehört. Wenn ich zufrieden bin, hab im am Ende eine kleine Überraschung für dich. Wenn ich unzufrieden bin, wird uns Lilly zwingen, das solange zu wiederholen, bis ich zufrieden bin." Vor allem dieser Teil gab ihr zu denken. Das war eine andere Art zu sagen: "Mach es gleich richtig, sonst muss ich meine Zeit noch lange mit solchen Übungen verschwenden."
Viel Zeit, sich deswegen verunsichert zu fühlen, hatte sie jedoch nicht. Helen hatte kaum zur Bestätigung genickt, dass sie verstanden hatte, da war der Colonel auch schon zu seinem Jäger unterwegs. Wenn sie zehn Sekunden nach ihm starten sollte, dann setzte sie sich besser in Bewegung.
"Du kannst das, Helen. Dein letzter Flug mit einer Hornet ist nur vier Wochen her. Und Du hast das zuletzt gut hingekriegt auf der Akademie. Das hier ist auch nur ein anderer Übungsflug." Sie redete sich selbst gut zu während sie den Helm aufsetzte und die Leiter zur Kanzel der Hornet empor stieg. Was hatte er gesagt? Starten und nach rechts ziehen. War rechts immer rechts oder konnte das im Weltraum auch woanders sein? Nein, rechts war rechts. Sie sah sich nach rechts um. Oben konnte unten sein und umgekehrt aber rechts blieb rechts. Das lernte man ja schon im Kindergarten.
Helen machte die Pre-Flight Checks wie im Lehrbuch und machte sich bereit, Starterlaubnis einzuholen und Max hinterher zu düsen. Ihr Herzschlag ging sogar verhältnismäßig ruhig. Aber der Jäger stand ja auch noch...
Cobra startete in diesem Moment und zündete am Ende der Startbahn die Nachbrenner. Sie jauchzte in den Funk bevor die Hellcat aus der Röhre schoss und dann mit einer Fassrolle auch schon in den Dunklen weiten des nichts verschwand
° <sk> Okay, Helen, wir haben Startfreigabe. Wir sehen uns draußen.
Maxwell schob den Schubregler nach vorne und schoß vom Startdeck, als das Katapult seinen Jäger beschleunigte. Kaum, dass er das Deck verlassen hatte, ging er in eine weite Rechtskurve, stoppte die Triebwerke und ließ die Nase seiner Maschine herumwirbeln, um Helens Start zu beobachten.
Helen schaute nicht schlecht als die Hellcat vor ihr mit gezündetem Nachbrenner ins All entschwand. Das war bestimmt nicht das übliche Vorgehen. Jedenfalls nicht das vorgeschriebene.
Sie wollte sich stattdessen darauf konzentrieren, das Manöver von Mad Max nachzuvollziehen. Das Katapult war offenbar bereit. Sie musste also nur noch Schub geben und...
SCHUMMM
war sie schneller draußen als sie gucken konnte. Ihr Puls raste und Helen versuchte rasch, sich auf ihr Training zu besinnen. Ihre Rechtskurve war zunächst noch ein wenig weiter als die von Klinger, so dass Helen die Hornet leicht im Uhrzeigersinn rollte und die Kurve kurz vor dem Scheitelpunkt enger zog. Dadurch konnte sie sich auf einer schnurgeraden Bahn der Position an der Seite von Mad Max nähern. Sie bremste zeitig ab und kam langsam neben ihm zum Stehen.
° <sk> Ich bin da wie bestellt. Wieviele Gäste werde ich heute Abend im Kasino einladen?
° <sk> Ich werde da sein und Rhayne ziemlich sicher auch. Ich kann dir nicht sagen, ob die anderen Schatten auch da sein werden, die machen sich im Moment ein wenig rar. Oh, und vielleicht schaut die Chefetage auf einen Drink vorbei.
Maxwell startete die Triebwerke, zog die Nase seiner Maschine herum und nahm langsam Geschwindigkeit auf.
° <sk> Unser Flugplan sieht eine einfache Drei-Punkte-Patrouille vor. Ich werde von Zeit zu Zeit ein paar Manöver ausführen. Versuche immer schön brav auf meiner 3 zu bleiben, okay?
Rhayne war dann wohl die Pilotin, die so rasant mit ihrer Hellcat aus der Startbucht gefegt war. Schön. Es wäre gut, wenn sie die anderen kennen lernte. Je eher desto besser.
Helen erkannte, dass Klinger beschleunigte und gab ebenfalls vorsichtig Schub. Zunächst ein wenig zu fest aber dann entwickelte sie ein besseres Gefühl für die Schubkontrolle.
° <sk> Das werde ich.
Helen wusste, was das bedeutete. Es war Fliegerjargon dafür, dass sie sich rechts neben ihm halten sollte. Auf der Akademie hatte man ihr erklärt, dass diese Ausdrucksweise aus der Zeit stammte, als Chronometer noch ringförmige Anordnungen von Zahlen waren. Wie diese Sonnenuhren von vor 4000 Jahren, die sie mal in einem Museum gesehen hatte.
Aber wenn sie eine Patrouille flogen... bedeutete das dann nicht, dass es theoretisch sogar zu Feindkontakt kommen konnte? Nein ganz sicher nicht. Helen schüttelte den Kopf über ihren eigenen törichten Gedanken. Das wäre auf so einem Trainingsflug ja wohl ganz ausgeschlossen. Sie würden gewiss nur in einer sicheren Zone fliegen, die bereits gründlich auf Feindaktivität hin untersucht worden war.
Sie stellte die automatische Steuerung so ein, dass während des Reisefluges ihre Hornet automatisch den Bewegungen von Klinger folgen würde. Helen würde nur manuell übernehmen, wenn ihr undisziplinierter, verantwortungsloser und leichtsinniger Tunichtgut von einem Flügelführer eines seiner Manöver ausführte.
