Der Weg über die Krämergasse führte über einige verwinkelte Straßen von Cupar, unter einer Brücke hindurch. Zuerst dachte die Walküre, daß sie wohl nie ankommen würden, da die Straße nach der Brücke gesperrt war. Wobei gesagt werden muss, das war keine gesperrte Straße mehr, das war überhaupt keine Strasse mehr, und die Regierung der Stadt schien noch keine Ressourcen oder die Zeit gefunden zu haben, um wieder eine hinzusetzen. Sie versuchten einen Weg darum herum zu finde, was sie nach einigem Suchen und Nachfragen bei den Einheimischen von Cupar auch schafften. Die Walküre hatte keine große Mühe ihre kühle Arroganz beizubehalten, auch wenn sie ihre besonnene und bedachte Art selber niemals als Arroganz bezeichnet hätte. Doch große Menschen wurden immer ein wenig mißverstanden, damit konnte sie gut leben. Außerdem hegte sie nicht das Bedürfnis, sich gegen außen offenbaren zu müssen.
"Hier scheint tatsächlich ein geeignetes Netz zu existieren"
Sprach Freyja beiläufig zu Keitha. Sie hatte ihr PDA ausgepackt. Der Aufbau schien hier unproblematisch zu sein. Dann blickte sie sich um.
"Eine Räumlichkeit?"
Die Frage war an Keitha gerichtet, jedoch schien sie nicht auf die Antwort dieser zu warten, sondern trottete in eine scheinbar willkürlich ausgewählte Richtung los. Hatte sie etwas entdeckt?
Nachdem sie eine Strasse weitergelaufen waren, hatten sie eine kleine Bar betreten. Nach kurzen Verhandlungen mit dem Inhaber dieser Bar, konnten sie einen Hinterraum benutzen, wo sie ungestört waren. Ohne weitere Verzögerungen, hatte dieser sie in einen Raum geführt, welcher mit einem Runden Spieltisch, einigen Stühlen darum herum und einer kleinen Getränkevitrine in einer Ecke versehen war. Links davon befand sich eine kleine Kochstelle, mit einem Lavabo und fließendem Wasser. Nachdem der Inhaber die Türe verschlossen hatte und gegangen war, versuchte die Walküre Kontakt zur LRS Golgatha aufzubauen. Da das Netz hier über eine angemessene Kapazität verfügte, konnten sie ohne Probleme in das Interstellare Netz gehen. Sie hielt das PDA vor sich hin, nahm Kontakt auf.
"Freyja Adilsdottir ruft die LRS Golgatha, bitte antworten"
Keitha hatte sich auf einen Stuhl gesetzte und wartete geduldig. Sie konnte sehen, wie auf dem Display des PDAs eine weibliche Person mit schwarzen haaren und sehr heller Haut erschien. Die Contessa!
Guilia Tranotoni war von Victor von Stein damit beauftragt worden, die Kommunikation mit den beiden Damen im "Außendienst" zu führen. Sofern die Signora sich mal bemühten überhaupt Kontakt aufzunehmen. Sie hatte seit Wochen nichts mehr von ihnen gehört. Das war dann doch ein wenig außergewöhnlich und irgendwie kam der Verdacht auf, daß da etwas schief gelaufen sein mußte. Nun, hier war sie, die Walküre, zumindest auf ihrem Monitor in der Kommunikationsabteilung der LRS Golgatha.
"Hier spricht Giulia Trantoni, im Namen von Karl-Heinz Schneider, auch genannt der Kaiser. Ich kann sie sehen und gut hören, Freyja Adilsdottir. Sie sind im Verzug. Von Stein hat ihre Rückmeldung schon vor einigen Wochen erwartet. Berichten sie?"
Hinter ihr waren einige Offiziere konzentriert am arbeiten. Im Moment war alles ruhig auf der Golgatha.
"Sie werden den Kaiser durch ihr Erscheinungsbild zu ehren wissen"
a das war sie, Giulia Trantoni auch genannt die Contessa, mit ihren schwarzen, feurigen Augen. Eine Frau mit offensichtlich italienischer Abstammung und einem dem entsprechenden Temperament. Oh, sie hatte einige Mal erlebt, wie die Dame wütend wurde auch wenn das selten vor kam. Wenn es aber vorkam, dann behüte Gott den Mann, der sie so eben belästigt hatte.
"Unsere Rückmeldung ist nicht besonders gut. Wir hatten bisher keinen Erfolg bei unserer Suche. Der erste Kontaktmann, welcher wir auf Regallis 3 aufsuchten hat uns auch sogleich betrogen. Unser Kopfgeld scheint eine höhere Verlockung zu sein, als jegliches Honorar, das wir bisher hatten anbieten können. Wir müssen das Honorar erhöhen, zumindest so, daß die Aussicht auf unser Kopfgeld an Reiz verliert."
Die Walküre behielt ihre Fassung und sprach ruhig. Nichts von ihrer Arroganz hat sie dabei verloren auch wenn sie ganz offensichtlich von einem Mißerfolg berichten mußte. Sie ließ sich auch nichts von diesem demütigenden Gefühl anmerken, als sie weitersprach.
"Wir befinden uns jetzt auf Hubble's Star. Eine Piratengruppierung, die scheinbar das Zepter in Regallis übernommen hatte, hatte uns entführt. Zurückgeblieben sind unsere Jäger, ohne eine Chance wieder an sie heranzukommen. Diese Piraten sind auch unter dem Namen Radicals bekannt. Sie haben uns an die Liga verkauft. Nur durch Glück konnten wir entkommen. Wir bitten um Instruktionen"
La Contessa schwieg für einen Moment als sie die Worte der Walküre sacken ließ.
"Wie hieß die Kontaktperson, welche euch verraten hatte und konnten sie sich dennoch Informationen über den Verbleib des Kaisers besorgen?"
Ja die Frage nach dem Betrüger schien trivial zu sein, jedoch schien die Bedeutung, ob man einer Kontaktperson vertrauen konnte oder nicht, weniger trivial zu sein. So schien es, daß ihre Frage sehr konkret und sehr direkt war.
"Sie werden den Kaiser durch ihr Erscheinungsbild zu ehren wissen"
Keitha, welche in zwei Armlängen Abstand das Gespräch beobachtete, wurde nachdenklich. -Das Angebot erhöhen, damit unser Kopfgeld keine Anreize mehr gibt uns zu verraten?- Sie fragte sich so eben warum sie das nicht schon von Anfang so getan hatten? Sie hätten sich den ganzen Ärger ersparen können und wären unterdessen bestimmt wieder zurück auf der Golgatha. Nebenbei besäßen sie noch ihre Jäger. Sie hörte wie die Walküre auf die Frage der Contessa antwortete.
Ja, Bender war es und jetzt? Wie soll es weiter gehen? Sie war gespannt was die Contessa zu der ganzen Affäre zu sagen hatte. Sie horchte aufmerksam und schweigend. Sie wollte das Gespräch nicht unterbrechen, die letzte Frage ließ sie jedoch aufhorchen. Sie schob sich ein wenig näher heran, so daß Trantoni sie vielleicht sehen aber zumindest hören konnte und sprach.
"Wir wissen noch nicht wo er ist aber es macht den Anschein, daß er noch am Leben ist"
"Erklären sie ein wenig konkreter, woher sie diese Informationen haben oder warum sie dies annehmen?"
Ja, diese Contessa war eine unangenehme Person, wenn es darum ging Fragen zu stellen. Nicht umsonst hatte sie einen außergewöhnlichen Ruf an Informationen zu kommen. Vielleicht war das genau deshalb, weil sie solche und noch viel andere Fragen stellte. Ihre schwarzen Augen zeugten jedenfalls von einem ungemein scharfen Verstand.
"Sie werden den Kaiser durch ihr Erscheinungsbild zu ehren wissen"
Keitha stockte als sie ihren Verdacht erläutern wollte.
"Ich wurde während meiner Gefangenschaft in der Liga von Präsident Carter befragt. Eine seiner Bemerkungen deutete darauf hin, daß sie Schneider nicht getötet hatten. Mich, ich meinte uns, wollten sie an den gleichen Ort bringen wie Schneider. Ebenfalls ohne eine Gerichtsverhandlung, so wie bei ihm. Vielleicht hatte er das aber auch nur so gesagt, und sie wollten uns in Wahrheit liquidieren. Die Reise hatte jedoch außergewöhnlich lange gedauert so daß eine illegale Beseitigung von uns beiden als eher unwahrscheinlich erscheint"
Das war alles was sie dazu sagen konnte. Eine Vermutung. Vielleicht war es ein berechtigte Vermutung aber leider ohne Beweise. Sie konnte jedoch sehen, wie die Contessa einfach nur nickte.
"Wir wurden im System Tingvalir von einer Piratengruppierung befreit, welche sich die Amazonen nannten. Diese scheinen so etwas wie eine emanzipierte Gruppe von Männerhasserinnen zu sein, welche es sich zum Ziel gesetzt haben, alle Männer auszurauben, und die weiblichen Wesen zu verschonen. Sie ließen uns gehen, obwohl sie uns erkannt hatten"
Sie verschwieg, daß sie diese Gruppierung als verhältnismäßig sympathisch erlebt hatte. Nun, sie war kein Mann. Glück gehabt. Damit hatte Freyja der Contessa alles erzählt. Zumindest kam ihr nichts mehr in den Sinn.
