"Wir wissen sehr genau, daß man sie gefangengenommen haben. Die Liga der freien Welten hat bereits wieder eure Gefangennahme ausgeschrieben. Das Kopfgeld hat sich erhöht und ich muss sagen, die Höhe des Geldes hat etwas verlockendes an sich"
Nein er hatte nicht vor, die beiden Frauen zu erpressen. Jedoch mußten einige Wahrheiten auf den Tisch gebracht werden.
"Es ist einfach seltsam, daß eure Fluch so schnell gelungen ist. Ja, es stellt sich die Frage wie es dazu kam, daß ihr überhaupt flüchten konntet? Natürlich könnte ich ihnen als politische Flüchtlinge Asyl anbieten. Doch wer sagt, daß sie wirklich Flüchtlinge sind? "
Die Walküre blieb ruhig. Ja, dieser Turner hatte nicht ganz unrecht. Die Umstände waren seltsam, äußerst seltsam. So mußte es für ihn zumindest aussehen. Sie antwortete wahrheitsgetreu.
"Unsere Flucht war reiner Zufall. Wir wurden von einer Gruppe Piraten befreit, welche sich auf die Fahne geschrieben hatten, ihre Piraterie zu Gunsten des weiblichen Geschlechts zu betreiben"
Daß ausgerechnet eine Piratengruppierung sie befreit hatte? Zufall?
Er lehnte sich ins einem Stuhl zurück und tat ein wenig überrascht und verschränkte die Arme.
"Da hat man sie einfach so befreit, zufälligerweise. Und das sagen sie mir hier und jetzt und tun so, als wäre dies die volle und ganze Wahrheit. Sehen sie, ich bin nicht so erfolgreich in meinem Job, weil ich gutgläubig bin. Ihre Geschichte stinkt. Sie stinkt sozusagen zum Himmel
Entgegnete Faelis. Dieser Mann schien ihnen nicht zu glauben aber was sollten sie sagen?
"Da wurden wir zufälligerweise befreit"
Und das war die Wahrheit. Nichts als die Wahrheit. Sie wich dem Blick dieses Turners nicht aus. Sie wußte, daß sie ihm auf Gedeih und Verderben ausgeliefert waren, wenn es denn stimmte, daß er zu Intel gehörte. Es sah nicht so aus als bluffte er.
Turner schaute Keitha Dumitrescu in die Augen. Etwas in ihrem Blick und in ihren Worten schien aufrichtig zu sein. Es machte beinahe den Anschein, daß sie tatsächlich zufälligerweise befreit wurden. Oder sie waren Opfer einer Intrige, von der sie selber nur wenig wußten. Es half nichts, Turner würde hier keine weiteren Informationen mehr herausholen.
"Sie haben 24 Stunden Zeit von hier zu verschwinden"
Sagte er mit einer sehr bedrohlichen Stimme. Ja, er würde sie nicht gewähren lassen, sollten sie doch etwas vorhaben. Dennoch machte es wenig Sinn, diese Damen in Gewahrsam zu nehmen. Natürlich, seine Leute würden die beiden Damen im Auge behalten. Das verstand sich von selbst, auch wenn sie von nun an besonders vorsichtig sein würden. Er blickte auf seine Uhr.
"Sollten sie bis Morgen um die gleiche Zeit den Planeten nicht verlassen haben, werde ich sie verhaften lassen"
Er stand auf und richtete seinen Anzug, welcher sich nicht Verknittern aber ein wenig aus der Form hatte bringen lassen.
"Ich wünsche ihnen noch einen schönen Tag"
Dann verließ es das Bistro ohne weitere Verzögerung.
Keitha sass total verdattert da und blickte in Richtung Ausgang, wo dieser Turner so eben verschwunden war. Im Hintergrund hörte sie die Bedienung, welche gerade irgendwelche Reinigungsaufgaben am ausführen war. Wann war die zurückgekehrt? Von draußen schien die Sonne hinein und tauchte den Raum in eine sommerliche Morgenatmosphäre.
"Und was jetzt?"
Fragte sie ratlos. Ihre Frage war an die Walküre gerichtet, doch schaute sie die Frau nicht. Ihr Blick blieb auf den Ausgang gerichtet.
Freyja war selber sprachlos. Es kam selten vor, daß sie sprachlos war. Nun, es viel nicht auf, da sie selten viel Worte benutzte, doch dies hier war ein starkes Stück. Dieser Turner hatte sie einfach so sitzen gelassen. Perlen vor die Säue, dachte sie und ließ die Gelegenheit ziehen, genau so wie dieser Turner von dannen gezogen war. Sie hatten noch immer einen Auftrag.
"Wenn es nach Andrew Turner geht, sollen wir diesen Ort hier verlassen. Leider haben wir noch keine weiteren Instruktionen erhalten und wir wissen nicht wo die Golgatha sich aufhält"
Freyja ließ keine weiteren Worte verlauten. Sie hob die Hand, um die Bedienung zu rufen. Diese brachte ihr innerhalb einer angebrachten Frist einen Kaffee.
Keitha schaute nun die Walküre an. Einerseits hatte sie recht. Sie wußten nicht wo sie hingehen sollten. In diesem Fall konnten sie überall hingehen, solange sie nur einer weiteren Verhaftung entgehen konnten. Ehrlich gesagt, sie hatte keine Lust darauf, erneut in Ketten gelegt zu werden. Also hatte die Walküre recht aber es war nicht recht, das sie so seelenruhig da saß und einen Kaffee zu sich nahm.
"Warum nehmen wir keinen Kontakt mit von Stein auf?"
Fragte sie ungeduldig. Wenn sie tatsächlich in 24 Stunden von hier verschwunden sein sollten, müßten sie sich ein wenig beeilen. Keitha sah, wie die Walküre ihr das PDA reichte. Ein wortlose Aufforderung dies zu tun. Das Netz war an diesem Ort noch nicht besser geworden, also müßte sie sich wieder zur Krämergasse begeben. Faelis warf nochmals einen Blick auf die Walküre. Es sah wohl so aus, daß sie alleine dort würde hingehen müssen.
" Er wird wohl mitbekommen worüber wir sprechen"
Daß sie damit Turner meinte, brauchte sie nicht zu erläutern. Seufzend stand sie auf und verließ das Bistro mit der Absicht, in Richtung Krämergasse zu gehen. Die Straße war vollgezwängt mit Passanten, welche alle ihrem Busineß nachgingen, und das mit eiligen Schritten. Dabei trat ihr ein unscheinbarer Mann in den Weg. Dieser rempelte sie versehentlich an, entschuldigte sich und ging mit raschen Schritten weiter. Faelis bemerkte, wie der Mann etwas kleines, schwarzes in ihre Hände gedrückt hatte. Da die Sonne sie blendete, konnte sie das Gesicht des Mannes nicht gut erkennen.
"Hey sie..?"
Wollte sie noch sagen aber der Mann bog um eine Ecke und verschwand aus ihrem Blickfeld.
"Warten sie"
Rief sie dem Mann nach. Eine Person blickte zurück, jedoch die falsche. Der Gehweg war voller Leute, und es war schwierig dem Mann zu folgen, sie versuchte es dennoch. Als sie jedoch um eine weitere Abbiegung schaute konnte, sie denn Mann nicht mehr sehen. Es waren einfach zuviele Leute und sie wußte nicht wie er aussah. Faelis seufzte und schaute den Gegenstand an. Er war steckte in einer kleinen schwarzen Hülle, ein Datenstick. Sie zog den Stick heraus und schaute ihn an. Vielleicht ließe sich erkennen, wem er gehörte. Als sie dies tat viel ein kleiner einmalig gefalteter Zettel zu Boden, welcher zwischen Hülle und Datenstick gesteckt hatte. Sie entfaltete den Zettel. Darauf stand ein einziges Wort. "Für den Kaiser". Faelis stutzte und blickte mit einem verwirrten Gesichtsausdruck den Weg entlang, dem der Unbekannte scheinbar gefolgt war.
Der Datenstick hatte dazu geführt, daß Faelis sich nicht in die Krämergasse begeben hatte. Verwirrt war sie in das Bistro zurückgegangen und hatte Freyja erzählt was geschehen war. Sie wagten es nicht, den Datenspeicher im Bistro anzuschauen. Darauf hin waren sie auf dem kürzesten Weg zu ihrer kleinen Absteige gegangen. Da saßen sie nun beide auf Faelis Bett und hatten ihr PDA vor sich hingelegt. Der Datenstick war in das PDA eingeführt worden. Der Raum war schlicht, mit einem Tisch an der Wand. Es gab wenig Platz zwischen ihren beiden Betten und dem Tisch. Das Fenster stand offen, während das Wetter auf Hubble's angenehm warm war. Die Strahlen der Sonne, welche in das Zimmer schienen, ließen den Staub in der Luft sichtbar werden.
Faelis aktivierte das PDA und das Video wurde abgespielt. Eine unscheinbare Person war im Video zu sehen. Faelis konnte sich nicht sicher sein aber sie hatte nicht den Eindruck, daß es sich um die gleiche Person handelte, wie diejenige, welche in sie hineingelaufen war und ihr dabei unauffällig den Stick in die Hand gedrückt hatte. Es war ein Mann mit braunen Haaren, braunen Augen und ca. Mitte 30. Er sprach.
"Guten Tag Frau Adilsdottir und Frau Dumitrescu. Ich hoffe diese Nachricht findet den Weg zu ihnen. Leider können wir nicht offen mit ihnen sprechen, da wir sonst Gefahr liefen, daß die Leute von Intel mit uns in Berührung kommen. Das wollen wir um jeden Preis verhindern. Gleich um sie zu beruhigen. Wir planen keine Intrigen gegen die Terranische Konföderation, im Gegenteil. Wir sind Verbündete der Konföderation, jedoch wollen wir einer diplomatischen Krise keinen Raum gewähren. Dazu ist das Bündnis zwischen der Konföderation und meinen Auftraggeber zu wichtig. Dennoch ist der Erfolg ihres Anliegens, nicht weniger Wichtig für uns. Aufgrund ihrer Kontaktaufnahme mit der Golgahta, haben wir von ihrem Vorhaben Kenntnisse erhalten"
Gibt es nicht irgend eine Organisation, die von ihrem Gespräch mit der Golgatha nichts wissen, fragte sich Faelis frustriert. Sie wollte fluchen, tat es aber dennoch nicht.
"Zugegeben, wir wußten das schon früher aber jetzt wissen wir auch wo sie sich befinden. Wir wußten aber auch, daß Intel gleichermaßen Kenntnisse davon erhalten hat. Natürlich kann die Konföderation keine geheimdienstlichen Aktivitäten von fremden Nationen in ihren Systemen dulden, wohlwissend, daß dies dennoch täglich geschieht. Sie müssen sich aber im Klaren sein, daß die Beziehungen der Konföderation und der Liga nicht die besten sind. Ihre Probleme mit der Liga, wird von der Konföderation nicht ohne weiteres als Faktum anerkannt. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie mißtrauisch Geheimdienstler sein können und damit stehen sie ab sofort auf deren Überwachungsliste. Ich kann es der Konföderation nicht verübeln"
Er räusperte sich kurz und schien einen Moment nachzudenken, um seine nächsten Worte gut auszuwählen.
"Sie fragen sich bestimmt, wer ist dieser Mann und was will er von uns? Nun, zu meiner bescheidenen Person kann ich ihnen sagen, daß ich unter dem Namen Alfred Harry O' Brien bekannt bin. Das wird ihnen jedoch nicht viel sagen. Wie schon erwähnt, weiß ich und meine Auftraggeber, daß sie den Kaiser suchen. Ich hätte da Informationen für sie. Sie könnten sich fragen, was hat O'Brien davon, wenn er uns hilft? Wie bereits angedeutet, besteht für meinene Auftraggeber alleine für die Freilassung Schneiders, einen nicht zu unterschätzenden Nutzen. Ich kann ihnen diese von mir in Aussicht gestellten Informationen nicht in diesem Stick mitteilen. Die Gefahr ist zu groß. Wenn die falschen Hände erfahren was wir wissen, würden diese umgehend handeln. Das liegt nicht in unserem Interesse"
Er räusperte sich nochmals. Es machte den Anschein, als würde er unter einer kleinen Erkältung leiden oder er rauchte zu viel.
"In diesem Datenstick integriert, sind zwei Flugtickets nach Dyson. Sollten sie knapp bei Kasse sein, haben wir zusätzlich eine Creditsumme integriert, die sie für die weitere Reise von Dyson nach Argent Prime nutzen dürfen. Ja, sie haben richtig gehört. Begeben sie sich nach Argent Prime und dort zur Orbitalen Raumwerft. Verlangen sie nach mir, Alfred Harry O'Brien. Alles weitere werde ich ihnen erklären, wenn sie dort angekommen sind. Ich empfehle ihnen sich zu beeilen, da wir nicht wissen, ob Intel sich dafür entscheiden wird, sie zu verhaften. Ich hoffe ich bin nicht zu spät. Dieses Video kann nur einmalig angeschaut werden. Danach wird es gelöscht. Ich wünsche ihnen viel Glück und eine gute Reise"
Dann schaltete das Video aus. Faelis versuchte nochmals Zugriff auf das Video zu bekommen, aber O'Brien hatte die Wahrheit gesprochen. Es war in den Daten des Sticks nicht mehr aufzufinden. Die zwei Flugtickets konnte sie in den Daten finden. Auch die versprochene Creditsumme, mit dem entsprechenden Codewort, um die Credits einzulösen. Es handelte sich um eine großzügige Summe, welche sie wahrscheinlich auch ans Ende der Galaxie gebracht hätte.
"Das ist einer dieser verdammten Argentmänner"
Fluchte sie vor sich hin.
"Ich werde mich nicht zur Verr..."
Sie stockte. Sie galt schon lange als Verräterin. Welchen Unterschied machte es also aus?
Die Walküre hatte das Video mit ihrem kühlen Gesichtsaudruck angeschaut. O'Brien, ein Argentmann. Ein Mann Avarys? Nein, Avary soll tod sein, hieß es. Wer führte dort die Geschicke dieses kleinen aufkommenden Staates, welcher sich aus der Not heraus entwickelt hatte. Vor den Mantus war Argent nichts anderes als eine Piratenhochburg gewesen, wenn auch eine gemäßigte Piratenhochburg. Nun, hier wurde ihnen eine neue Chance eröffnet, sofern dieser O'Brien kein doppeltes Spiel spielte.
"Ich schlage vor, wir packen unsere Sachen zusammen und verlassen diesen Planeten."
Sagte sie mit ebenso kühler Stimme, wie sie dreinblickte.
"Wir werden unterwegs mit von Stein Kontakt aufnehmen, um ihm unsere neusten Erkenntnisse zu vermitteln. Solange wir uns auf dem Weg befinden, haben wir Zeit uns über die Worte dieses O'Briens Gedanken zu machen und über sein Angebot. Mal schauen was Victor dazu zu sagen hat"
Freyja sah, daß Dumitrescu diese Antwort als befriedigend empfinden mußte, denn sie nickte einfach nur. Ohne weitere Worte zu verlieren fing Dumitresu an zu packen. Die Walküre tat es ihr gleich. Heute Abend würden sie Hubble's verlassen haben, das war sicher.
