Was die Contessa von diesen weiblichen Piraten hielt, gab sie nicht preis.
"Gut"
Erwiderte sie.
"Die Lage scheint, soweit ich das beurteilen kann, sicher zu sein auf Hubble's. Bleiben sie dort, harren sie aus. Ich werde von Stein darüber informieren. Nehmen sie in zwei Tagen wieder Kontakt mit uns auf. Bis dann sollten wir uns über das weitere Vorgehen geeinigt haben"
Zum Abschied sagte sie noch.
"Arrividerci"
Dann beendete sie die Verbindung.
"Sie werden den Kaiser durch ihr Erscheinungsbild zu ehren wissen"
Nach der Unterredung mit der Contessa waren einige Tage vergangen. Niemand hatte sich bisher gemeldet und langsam zog es an Keithas Geduld. Es war nicht so, daß sie die Ruhe nicht geschätzt hätte aber irgendwann war es auch mal zu viel des Guten. Das Blatt hatte sich gewendet und aus Ruhe wurde Langeweile, welche sich in eine unbefriedigte Getriebenheit verwandelte. Ihre Gefährtin, die Walküre, sah sie immer nur Sporadisch. Meistens trieb die nordländische Frau sich irgendwo auf Hubble's herum, Keitha wußte nicht, was diese Frau in dieser Zeit tat, und sie sahen sich zwangsläufig in ihrer Absteige, wo sie zusammen ein Zimmer teilten.
Eines Morgens, nach einer Nacht mit wenig Schlaf, betrat sie das Bistro, wo sie des öfteren ihr Frühstück einzunehmen pflegte. Dort sass die Walküre. Keitha empfand es ein wenig als überraschend aber nicht annähernd so überraschend, wie die Tatsache, daß jemand am gleichen Tisch wie die Walküre sass. Ihr gegenüber war ein ihr unbekannter Mann in den späten 40ern, mit kurzen, schwarz-grauen Haaren und einem kurzen, getrimmten Schnauz-Bärtchen. Faelis näherte sich den beiden. Außer der Walküre und dem Fremden, hielt sich niemand in diesem Raum auf.
"Guten Morgen"
Sagte sie und gab sich keine Mühe höflich geschweige denn gut gelaunt zu wirken. Der Mann stand auf. Erst jetzt erblickte sie seine blauen Augen. Da schimmerte Intelligenz in diesen Augen aber auch so etwas eiskalte Berechnung. Faelis gefror das Blut in ihren Adern. Der Mann sprach.
"Keitha Dumitrescu, sehr angenehm sie kennen zu lernen"
Mit einem freundlichen Lächeln, nun zumindest aus seiner Sicht betrachtet war es freundlich, reichte er Dumitrescu die Hand. Dies hier war also die Heldin der Liga. Faelis die Löwin. Er mußte zugeben, ihre Erscheinung beeindruckte ihn nicht sonderlich aber das hatte nichts zu bedeuten. In seinem Busineß waren oftmals die Unscheinbaren die gefährlichsten oder die welche größten Geheimnisse verbargen. Er konnte es fühlen, in dieser Frau schlummerte mehr, viel mehr als sie bisher hatte annehmen können.
"Meine Name ist Andrew Turner"
Er wollte ihr natürlich nicht seinen Namen vorenthalten. Dann Zog er einen dritten Stuhl vom Nebentisch heran.
"Bitte setzen sie sich doch zu uns, Frau Dumitrescu. Ihre Anwesenheit ist sehr erwünscht"
Vor einer Stunde hatte Freyja das Bistro betreten, um sich eine Tasse Kaffee zu gönnen, bevor sie weitere Sehenswürdigkeiten dieser Stadt anschauen würde. Sie war jemand, die pragmatisch dachte. Da sie beide auf diesem Planeten gestrandet waren und auf weitere Anweisungen hofften, konnten sie nichts anderes tun als abzuwarten. Warum also die Zeit nicht sinnvoll nützen? Sie konnte nicht verstehen, wie verklemmt dies Dumitrescu war. Es gab ja eh nichts, das man sonst hätte tun können. Freyja hatte jedoch keine Lust, dies ihrer Partnerin erneut und in aller Ausführlichkeit zu erklären. Entweder sie verstand es von selbst oder sie würde es nie verstehen. Außerdem war es nicht ihr Problem.
Freyja hatte in der Erwartung das Bistro betreten, es nach einem Kaffee auch bald wieder verlassen zu haben. Wie das Leben aber so spielt, kommt es erstens anders und zweitens als man denkt und da hatte sie dieser Turner sie auch schon angesprochen. Ein überaus gut aussehender Mann, mit atemberaubenden blauen Augen. Freyja war hin und weg von ihm. Oh, dieser Mann war besonders. Nicht nur wegen seinem Aussehen, sondern auch wegen dieser Kraft, welche sie in seinem Blick spüren konnte. Der hier, der war ein Raubtier. Der Thrill wollte sie überwältigen, denn sie wußte von Anfang, daß hier äußerste Vorsicht angebracht war. Dies bestätigte er, als er sich vorstellte und ihr sein Anliegen nannte. Bei jedem anderen hätten die Alarmglocken schrill geläutet. Nicht so bei Freyja. Sie empfand es als ungemein nervenaufreibend, sich in Gefahr zu begeben, sich in diese Art Gefahr zu begeben. Turner glich Schneider. Sie wollte wissen, ob er ihm auch ebenbürtig war? Wahrscheinlich nicht aber er kam ihm sehr nahe.
Ihr Blick glitt zu Faelis, als diese das Bistro betrat. Sie sah nicht besonders gut aus, nicht besonders ausgeruht. Armes Ding aber selber schuld. Sie konnte auch erkennen, wie sie beinahe zurückgewichen war, als Turner sich ihr vorstellte. Ja auch Keitha konnte die Gefahr spüren, die von diesem Mann ausging. Ihre Instinkte arbeiteten meistens gut, das mußte die Walküre zugeben außer vielleicht bei diesem Bender auf Regallis 3 aber das war eine andere Geschichte.
Keitha reichte Turner widerwillig die Hand und versuchte nicht zu lange an seinem Blick haften zu bleiben. Etwas in ihr wollte ihr sagen, daß sie besser eine Waffe dabei gehabt hätte und diesen Mann auf der Stelle erschösse. Eine andere Stimme sagte ihr, daß sie hier nicht leben herauskommen würde, sollte sie dies versuchen wollen. Sie setzte sich also ebenso widerwillig hin, wie sie dem Mann die Hand geschüttelt hatte. Sie blickte sich kurz um, um ihre Fluchtmöglichkeiten abzuschätzen, doch da gab es nichts, das sie an einer Flucht hätte hindern können.
"Woher kennen sie meinen Namen?"
Scheinbar mußte sie eine sehr bekannte Persönlichkeit sein, wenn jede scheinbar insignifikante Person ihren Namen kannte oder sie waren erneut in die Scheiße geraten. Sie befürchtete, das Zweite traf zu.
"Woher ich ihren Namen kenne? Ihr Ruf eilt ihnen Voraus, Frau Dumitrescu oder soll ich sie Faelis nennen? Wäre ihnen das lieber?"
Er wartete nicht auf ihre Antwort sondern lächelte.
"Aber lassen sie uns nicht mit unbedeutenden Dingen aufhalten. Es ist absolut normal, daß ich sie kenne, ja kennen muss. Als Mitarbeiter des Geheimdienstes der Terranischen Konföderation, kenne ich sehr viele Leute. Nur die wenigsten sind sich dessen bewußt"
Das Lächeln verschwand auf seinem Gesicht und er blickte Faelis mit seinen eiskalten Augen an.
"Sie fragen sich bestimmt, was ein Mann von Intel von ihnen wollen könnte? Das Universum ist sozusagen voller Geheimnisse. Es sind diese Geheimnisse, welche mich faszinieren und ich fragte mich, ob ihnen eines dieser Geheimnisse bekannt sein könnte und sie ev. bereit sein würden es mir zu erzählen?"
Faelis schluckte einmal schwer. Natürlich wußte er, daß sie die diese so genannte legendäre Pilotin war. Ein Ruf, der ihr immer weniger behagte. Ehrlich gesagt, sie fand es zum Kotzen. Erneut lief sie Gefahr in Bedrängnis zu geraten, denn hier hatte sie es mit dem Geheimdienst der Terranischen Konföderation zu tun. Zumindest behauptete dieser Mann das. Wie waren diese Leute auf ihre Spur gekommen? War es so offensichtlich, daß sie und Freyja sich auf Hubble's befanden? Doch neben dieser Frage konnte sie nicht verstehen, was der Geheimdienst der Konföderation von ihnen wollen könnte? Wollten man sie erpressen? Arbeiteten sie, allen offiziellen Verlautbarungen entgegen, doch mit der Liga der freien Welten zusammen? Was wollte dieser Turner von ihnen?
"Ich verstehe nicht"
Sagte sie und versuchte mit einer ruhigen Stimme zu sprechen. Das mißlang. Zumindest hatte sie diesen Eindruck.
"Welche Geheimnisse?"
Es war durchaus noch möglich, das dieser Mann sie erkannt hatte aber nicht zum Geheimdienst gehörte. Daher galt es auch in einer anderen Hinsicht vorsichtig zu sein. Sie würde nichts und niemanden etwas sagen.
"Dann lassen sie mich ihnen auf die Sprünge helfen. Sie befinden sich auf Hubble's Star. Hubble's Star gehört der Terranischen Konföderation an, dreht sich um eine schöne Sonne, welche gelb leuchtet und ist der vierte Planet in diesem System. Hier haben sie sich nach Cupar begeben, welches zufälligerweise die Hauptstadt des Planeten ist, ich denke soweit ist alle klar, ja?"
Er gab Weder Faelis noch Freyja eine Möglichkeit zu antworten.
"Zufälligerweise haben sie von diesem so eben benannten Planeten aus, sozusagen aus dem Gebiet der Terranischen Konföderation heraus, Kontakt zu einem Schiff in einem fremden System aufgenommen. Diesen Kontakt stellten sie über das interstellare Netz her. Sie haben dabei nicht irgend ein Schiff kontaktiert. Sie haben ein Kriegsschiff kontaktiert. Ein Kriegsschiff der Behemothklasse. Zufälligerweise ist dieses Kriegsschiff kein Schiff der Konföderation, sondern das einer anderen Nation, obwohl es früher einmal der TCN angehört hatte. Was eigentlich der viel grössere Skandal darstellt, doch lassen sie uns nicht mit Details aufhalten, die keinen konstruktiven Wert besitzen. Logischerweise kennen wir auch den Namen dieses Schiffs, die Golgatha, Früher mit dem Zusatz TCS bekannt. Das ehemalige Flaggschiff von Karl-Heinz-Schneider. Das alles haben sie von eben dem genannten Planeten aus getan, welcher der Terranischen Konföderation angehört, sprich diesem schönen Planeten, der um eine gelbe Sonne mit Namen Huble's Star kreist."
Er hält inne mit sprechen und fixiert Faelis mit seinen kalten blauen Augen.
"Sie werden mittlerweile verstanden haben, daß dieser Umstand Intel suspekt vorkommen mag. Und wenn wir ehrlich sind, wissen wir welche Geheimnisse sie mit der Golgatha Ausgetauscht haben. Wir sind uns jedoch sicher, daß es da noch andere Geheimnisse gibt, welche sie im Gespräch mit der Contessa nicht erwähnt haben. Das war doch ihr Name oder nicht oder sollte ich sie Giulia Trantoni nennen? Wir sind uns aber sehr sicher, dass sie uns darüber aufklären werden. Nun denn, ich bin ganz Ohr"
Keitha wurde wütend. Dieses arrogante Schwein eines Mannes wagte es, seine unverschämten Fragen zu stellen. Einzig der Umstand, daß dieser Turner scheinbar Intel angehörte, hielt sie davon ab, ihn mit wüsten Beschimpfungen einzudecken.
"Wir haben keine Geheimnisse. Es erklärt sich von selbst, daß wir als Ausgestoßene der Liga nach Schneider suchen. Anstatt uns wie Verbrecher zu befragen könnten sie uns politisches Asyl anbieten"
Die Walküre schien innerlich den Atem anzuhalten als Dumitrescu das Wort Asyl erwähnte. Wie kam diese Frau auf eine solche Idee. Niemals würden sie Asyl in der Terranischen Konföderation beantragen. Natürlich galten sie als politisch verfolgte aber noch standen sie auf eigenen Beinen. Vor Allem brauchten sie ihren Commander zurück. Sie intervenierte.
"Natürlich haben wir keine Absicht um Asyl zu ersuchen, Mister Turner"
Nein, sie lächelte den Mann nicht an. Ihr blick blieb kühl. Nun ja, einen Teil von ihr wollte diesen Mann. Ein anderer sagte aber, daß er, Turner, sich da schon ein wenig würde bemühen müssen. Doch sie hatte Zeit, außerdem gab es keinen Grund etwas erzwingen zu wollen.
"Wir sind bereit ihnen reinen Wein einzuschenken, jedoch werden sie nichts hören, das sie möglicherweise nicht schon wissen. Wir suchen Schneider. Nicht mehr und nicht weniger. Dummerweise haben wir uns in Regallis von einer Kopfgeld besessenen Piratengruppierung gefangennehmen lassen, welche unter dem Namen der Radicals bekannt war. Wir konnten uns zwar befreien aber sind auf dem Weg auf diesem Planeten gestrandet"
