Für einen Moment überschlugen sich ein wenig die Ereignisse. Da kam de Frau hineingestürmt, um Gaussler auf die Rede von Rhodes hinzuweisen. Voller Staunen schaute sie sich die Rede an. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis die Terranische Konföderation etwas auf Gausslers Provokationen entgegnet hatte. Was danach kam überraschte sie nicht wirklich, jedoch offenbarte Gausslers Reaktion so einiges. Zugegeben, da war es, das Zugeständnis. Ja es war ein Zugeständnis aber eines mit wenig Goodwill. Es war ein Zugeständnis, welches von Haß und der Lust auf Vergeltung triefte. Dies stellte die eigentliche Offenbarung dar. Dieser Mann vor ihr war nicht einfach nur ein machtbesessener Populist mit niederen moralischen Beweggründen. Dieser hier glaubte tatsächlich an die Dinge die er erzählte, und das machte ihn so gefährlich. Gaussler ist ein Wahnsinniger!
"Vielen Dank Herr Gaussler"
Entgegnete sie auf seinen "Goodwill". Sie würde von Stein vom Ergebnis erzählen. Es würde sich zeigen, ob mit diesem Mann auch nur im entferntesten Sinne an eine Partnerschaft zu denken war.
"Ich werde Victor von Stein über ihren Vorschlag berichten"
Sie betrachtete Gausslers Worte als eine Aufforderung zu gehen. Sie verabschiedete sich von ihm und verließ sein Besprechungszimmer. Sie ging ohne Umwege in ihren Wohnbereich zurück, um ihre Abreise möglichst rasch zu organisieren.
System Regallis, Planet Regallis III, Unterirdische Piratenkolonie
Die Reaktion war absehbar gewesen. Von Stein hatte Gausslers Angebot nicht angenommen. "Was haben wir mit Rhodes zu tun?" war seine logisch angesetzte Frage gewesen. Er hatte es nicht einmal für notwendig gehalten, diesem Gaussler eine Antwort auf das unmoralische Angebot zu übermitteln. Die Golgatha hatte sich aus dem System New Nexus entfernt. Zwar betrachtete man ihre Kampfkraft gegenüber den anwesenden Flotte der GWU als ebenbürtig, jedoch gab es keinen wahren Anlaß, einen Konflikt zu provozieren.
Faelis hatte sich auf den Weg nach Regallis begeben. Sie erinnerte sich daran, was Stein gesagt hatte. "Wir sind nicht weiter als zuvor. Da können wir auch gleich die Hilfe dieser Halsbabschneider in Kauf nehmen. Sie, Keitha und Freyja, werden nach Regallis reisen und nach geeigneten Leuten, mit den korrekten Informationen suchen aber seien sie vorsichtig. In Regallis hat es kürzlich Umstürze gegeben. Die Lage dort ist unsicher". Nun saß sie in ihrer Excalibur, an ihrem Heck wurde sie von der Walküre begleitet. Eine der loyalsten Frauen, welche in Schneiders Team arbeitete. Sie mochte dieses kalte Weibstück nicht besonders.
°Hier sprich Sandra Abels, wir erbitten Landeerlaubnis.
Regallis 3 war ihr Ziel. Es handelte sich um eine schwer bewachte unterirdische Anlage, wo es alles zu finden gab. Wirklich alles! Faelis war es ein wenig unbehaglich zumute. Der Umstand, daß sie ihre echten Namen nicht preisgaben, änderte nichts an dieser Tatsache.
°Dein Begehr Abels?
Die Stimme der Flugkontrolle von Regallis 3 klang rauh.
°Wir suchen...
Wollte sie schon antworten als die Flugkontrolle weitersprach, gefolgt von einem rauhen Lachen.
°Ach vergiß es. Hier hat jeder nur das eine vor. Du kannst landen, Schätzchen
°Vielen Dank
Sagte sie kurz und ließ sich durch die Vektoren zur Landung anweisen.
Die unterirdische Anlage war eine offizielle Kolonie von Regallis 3, inoffiziell aber eine Räuberhöhle, welche von den schlimmsten Piraten beherrscht wurde, die sich die menschliche Fantasie vorstellen konnte. Dennoch war es irgendwie beeindruckend, insbesondere die Tiefe in welche die Kolonie gehauen worden war. Faelis' und Freyas Schiffe tauchten in den tiefen Erdgrund ein. Schon beim Eintritt in die Planetenatmosphäre waren sie diesen stetig auf sie gerichteten Geschützen ausgesetzt gewesen. Beim Hinabtauchen in die Kolonie wurde dies nicht besser. Ja, es wäre nicht einfach zu realisieren gewesen, hier die Piratenkolonie hochzunehmen. Zumindest nicht ohne eine anständige Navy-Flotte.
Nachdem die beiden Excalibur tief genug hinuntergeschwebt waren, wurden sie mit Vektoren durch einen gigantischen Tunnel in das Innere der Kolonie geführt. Sie durchdrangen ein Kraftfeld und konnten bald darauf auf dem Flughafen der unterirdischen Kolonie landen. Hier konnte man atmen. Durch das Kraftfeld wurde die dafür geforderte Atmosphäre an Ort und Stelle gehalten. Die Atmosphäre des Planeten selbst war nicht atembar, da er zu klein war und deshalb keine für humanoide Lebewesen geeignete Luftdichte halten konnte. Der Vorteil der Landung waren die niedrigen G-Kräfte gewesen. Dieser Planet hatte gerade mal einen Drittel der Schwerkraft der Erde.
Nachdem ihren Schiffen die Plätze zugewiesen worden waren, trafen sich Faelis und die Walküre auf dem Flugdeck. Sie wollten gleich zu Beginn das weitere Vorgehen klären.
"Ich schlage vor, wir suchen eine geeignete Unterkunft, nachdem wir die Gebühren bezahlt haben"
Sie blickte sich um, als Faelis dies sagte. Der Flughafen war verhältnismäßig groß. Man hatte sie in einem Bereich plaziert, welcher für private "Geschäftsleute" eingerichtet worden. So nannte man dies hier. Laut Lageplan gab es in dieser Halsabschneidekolonie mehrere Landeplätze. Einige davon dienten auch dem Umschlag der verschiedensten Gütern. Das Wort Güter klang dabei so harmlos. In Wirklichkeit wurde an diesem Ort mit verbotenen Waren aller Art, auch lebendiger Natur gehandelt und Hehlerei gehörte dabei noch zur harmlosen Variante der Art des Geschäftswandels an diesem Ort.
Freya Adilsdotir, die Frau mit den blauen Augen und den Blonden Haaren, nickte zustimmend.
"Ich kenne eine geeignete Unterkunft"
Sie lächelte mit einer kühlen Zurückhaltung, als sie die Umgebung musterte. Scheinbar kannte sie diesen Ort, denn sie war nicht zum ersten Mal hier. Sie würde die Tage gut zu nutzen wissen. Natürlich auf eine sehr professionelle Weise.
"Ich werde sie dir zeigen, danach amüsieren wir uns"
Keitha traute ihren Ohren nicht. Amüsieren? Hier? Sie hatte nicht einmal im Traum daran gedacht, sich hier zu amüsieren. Ihre Gedanken war mehr in die Richtung der Erfolgreichen Suche einer Unterkunft gegangen, dem sich Einschließen in besagter Unterkunft, und der zügigen Abreise, nachdem sie ihre "Geschäfte" hier möglichst zügig erledigt haben würden.
"Ich denke nicht, daß wir uns hier..."
Wollte sie sagen, wird aber von der Walküre unterbrochen.
"Natürlich werden wir uns amüsieren. Man muss die Gelegenheit beim Schopfe packen. Außerdem würden wir viel zu verdächtig wirken, wenn wir uns hier nicht amüsieren sollten"
Frejas Worte wurden mit einem arroganten Selbstverständnis ausgesprochen, so, daß es dem einen oder anderen die Fußnägel gerollt hätte. Hier gab es keine Möglichkeit auf Widerworte. Sie lief in Richtung Ausgang als wäre damit alles gesagt worden, das hätte gesagt werden müssen.
Faelis rollte, nicht innerlich, sondern äußerlich und sehr sichtbar die Augen. Sie waren so oder so verdächtig, selbst wenn sie vorgaben sich zu amüsieren. Sie ging davon aus, daß sich diese Freja sehr, sehr amüsieren würde. Sie war genau der Typ Frau. Hinzu kam, daß sie blond, groß, Schlank, schön war und mächtig Holz vor der Hütte hatte. Keitha schaute nicht an sich hinunter, um keinen Vergleich anzustellen. Jedoch war die Reaktion des Typen an der Sicherheitsschranke Beweis genug.
"Na Schätzchen"
Sagte er zu Freja.
"Ich glaube ich muss hier auf eine Leibesvisite bestehen"
Das geifernde Lachen des Typen, Faelis fühlte sich angeekelt, führte zumindest nicht dazu, daß Freja ihn sehr wohlwollend anschaute.
"Schon gut, Schon gut, war nur Spass. Aber Bezahlen mußt du. Nichts ist hier umsonst"
Keitha blieben die Worte beinahe im Halse stecken.
"200 Credits?"
Sie hatte gewußt , daß Regallis von Halsbaschneidern regiert wurde aber daß es so schlimm sein würde?
"Das entspricht beinahe einem Monatslohn einer Arbeitskraft"
Die Walküre schien diesen Umstand nicht zu kümmern, wie Faelis sehen konnte. Sie entriß dem Kerl den Creditstick und trat durch den Durchgang des Kontrollpunkts. Der böse Blick, welche sie dem schleimigen Kerl zuwarf, ließ diesen nur noch süffisanter wirken. Sie folgte der Walküre ohne weitere Worte zu verlieren.
Die Unterkunft war nicht das, was man von einem Ort wie Regallis erwartet hätte. Es war schlimmer. Es lohnte sich jedoch nicht, sich darüber zu viele Gedanken zu machen.
Später, nachdem sie ihre Habseeligkeiten abgeladen hatte, wartete sie vor dem Eingang zu diesem "Hotel", welches im Untergrund des Planeten in den Stein gehauen worden war. Die Decke über ihr war verhältnismäßig niedrig, dennoch hatten Mitarbeiter dieses Hotels so etwas wie ein Aquarium hingestellt, welches in ungefähr die Dimensionen der Wand hatte, in das es hineingelassen war. Sie betrachtete aufmerksam die kuriosen Fische, welche in etwa gleich exotisch aussahen wie die Fische auf Hawking Prime. Hier und da schwamm ein farbiger, stachliger Fisch vorbei. Ob es immer der Gleiche war oder es mehrere gab, konnte Faelis nicht sagen. Wahrscheinlich gab es mehrere. Um das zu erkennen gab es weit zu viele Pflanzen in diesem Riesigen Aquarium. Sie betrachtete die Fische und wunderte sich über den Umstand, daß es Piraten gab, welche einen Flair für Fische entwickelten. Ihr wurde besusst, daß es da nichts zum wundern gab. Das Universum war groß. Die Möglichkeiten unzählig.
Die Walküre erschien, nachdem Faelis geduldig auf sie gewartet hatte. Keitha sah sie im Augenwinkel aus dem Hotel heraustreten. Sie drehte sich zu ihrer Begleiterin um.
