Der Präsident der Konföderation sass an seinem Platz, als die Abgesandte der Mantus den Verhandlungsraum betrat. Es war so, wie er es erwartet hatte. Sie trug eine Maske, so wie es die angesehenen Mitglieder der Herrscherkasten der Mantus zu tun pflegten. Die Drohgebärde mit der Elipsenschale entsprach ebenfalls dem Wesen der Mantus. Es war also alle beim Alten geblieben. Nun denn, damit wußte er umzugehen.
Der Präsident stand auf. Dies tat er weder hastig noch besonders langsam.
"Oberin Nahema"
Er sprach höflich, wie es auch seine Art war.
"Ich hoffe, daß dies ihrer Etikette entspricht oder bevorzugen sie es, anders angesprochen zu werden? Aber bitte, treten sie näher und seien sie mein Gast. Wünschen sie etwas zu trinken"
Da kam keine Verneigung, nichts was an Ehrbekundung erinnern könnte, außer der diplomatischen Höflichkeit und dem Zuvorkommen eines Gastgebers.
*Raven folgte der kleinen Gruppe bis zum großen Saal. Da es ihn nichts anging was die Politiker zu bereden hatten blieb er draußen wartend, jedoch entging ihm nicht die Reaktion des Marschalls, als dieser sich kurz zurückzog. Raven war in dem Moment klar das er später mit Typhoon ein ehrliches Wort reden wollte. Die Türen schlossen sich und Raven selbst bezog davor Position. Eine kleine Sitzgruppe, wohl auch aus Dekorationszwecken, kam ihm da sehr gelegen.*
Ob auch auf kurze Zeit gezähmt, Sie waren nicht zu zwingen; Ob auch ihr Flügelpaar gelähmt, Es wuchsen neue Schwingen, Und mit gewalt'gem Flügelschwung Aus Odin's Dienst und Schranke Floh das Rabenpaar Die Erinnerung und der Gedanke.
Nahema tritt mit wallenden Gewändern näher an Del Maro heran und neigt leicht den Kopf. Eine leichte Respektsbekundung des Gastes gegenüber dem Gastgeber, nicht mehr und nicht weniger.
"Es ist nur ein Titel, Präsident Del Maro. Für Uns ist es nicht von Belang, ob Er ihn nutzt." Sie macht eine kurze Pause. "Was jedoch der Etikette widerspricht, ist Unsere Maske - doch müssen Wir um Verzeihung bitten, dass Wir diese nicht ablegen können, aufgrund einer angeborenen Schwäche."
Eine Lüge ? Immerhin sind die Mantu bekannt für ihre überragenden Fähigkeiten im Bereich der Genetik und Biotechnologie. Oder offenbart sich hier ein Schwachpunkt in der perfekten Welt dieses Volkes ? Oder steckt etwas ganz anderes hinter dieser Offenbarung ?
"Wir hörten viel von einem Getränk namens...Wein. Wäre es möglich, diesen zu kosten ?"
Ein verziehen des Mundwinkels des Präsidenten deutet auf ein dezentes innerliches Lachen hin. Ironie oder einfach nur Erstaunen? Er behält es für sich.
"Sie dürfen ihre Maske gerne aufbehalten. Für eine gute Konversation bedarf es einer angenehmen Atmosphäre. Wenn die Maske ihnen dienlich ist? Zumindest können wir mit Wein aufwarten"
Er blickt zu einer Ordonnanz. Diese scheint sofort zu reagieren und verschwindet auch gleich.
"Auf Venice gibt es zwar Wein, jedoch soll dieser, im Vergleich zu den Weinen auf Terra, von einer eher minderen Qualität sein. Unser Wein ist von einer nicht zu unterschätzenden Qualität"
Die Ordonnanz kommt zurück und öffnet eine Flasche. Sie öffnet nicht irgend eine Flasche sondern ein Flasche Rotwein des berühmten Chateau Mouton Rothschild. Mit einer geschickten Geste schenkt sie den Wein in ein Glas und gibt das erste an Nahema und von dann an an alle weiteren Anwesenden, welche ein Glas Wein trinken wollen. Del Maro nimmt ebenfalls ein Glas und riecht daran und läßt die Flüssigkeit im Glas drehen.
"Die Herkunft dieses Weines ist Terra selbst. Angebaut und gekeltert wird er auf dem Kontinent Europa. Um präzise zu sein in Frankreich. Doch wenn sie einen Spezialisten Fragen würden, könnte dieser ihnen bezeugen, daß dieser Wein aus dem Bordeaux-Gebiet stammte und mit Sicherheit könnte ihnen ein Sommelier auch noch den Ort, den Rebberg und den Besitzer des Rebbergs benennen, von dem dieser Wein herkäme. Für uns soll es ausreichen zu wissen, daß es sich hierbei um einen Rotwein handelt. Bitte beachten sie, Wein beinhaltet Alkohol"
Er hebt das Glas leicht an.
"Zum Wohl, sagen wir Terraner"
Er schaute Nahem beobachtend an. Würde sie den Wein trinken? Würde sie die Maske ablegen oder zur Seite schieben, um davon kosten zu können?
Nahema lässt die Erklärungen ohne sichtbare Regung über sich ergehen, es ist nicht zu deuten, ob sie mit Interesse oder Langeweile die Ausführungen verfolgt. Ihr entgeht jedoch nicht, dass die Flasche erst in ihrer Gegenwart geöffnet wurde ... ein respektables Zeichen der Terraner, dass keine "Behandlung" des Inhalts wahrscheinlich erscheinen lässt. Aber dennoch wird die in ihre Maske integrierte Gift-Analyse dafür sorgen, jeden Zweifel für sich auszuräumen.
"Auf den Erfolg dieses Zusammentreffens und eine Koexistenz der Völker."
Sie habt das Glas und eine kleine Öffnung am Mund der Maske wird sichtbar. Für einen Moment schimmert extrem blasse, beinah schlohweiße Haut, ehe der Rand des Weinglases angesetzt wird und sie einen kostenden Schluck nimmt.
Sind die Worte des Präsidenten als eine Provokation oder ein klares Statement gedacht? Zumindest scheinen sie seine Haltung zu widerspiegeln. Del Maro gönnt sich ebenfalls einen Schluck und schließt dabei die Augen. Er läßt den Geschmack auf sich wirken. Ja, das war keine so schlechte Idee von Nahema gewesen. Das Bouquet des Weines hatte etwas belebendes. Zumindest scheint es del Maro zu helfen, sich auf die bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren. Wichtig war, daß es bei diesem einen Schluck blieb. Mehr Alkohol würde seine Urteilskraft trüben.
"Der Wein ist das, was sein Produzent feierlich und mit Garantie versprochen hat"
Er blickt kurz auf die Reaktion von Nahema aber er bleibt nicht lange dabei, schließlich handelt es sich nur um ein simples Getränk. Worüber sie sich an diesem Tag zu unterhalten haben, wird alles andere als simpel sein.
"Ich möchte sie bitten sich zu setzen. Natürlich dürfen sie den Wein-Kelch gerne an den Verhandlungstisch nehmen"
Del Maro bietet ihr einen Platz in der Mitte der Längsseite des Tisches an. Er steuert auf die Gegenseite zu und setzt genau ihr gegenüber hin. Es gab keinen Thron, niemand wurde bevorzugt. Harte Verhandlungen standen bevor und del Maros Gesichtsausdruck wirkt plötzlich neutral, sehr neutral. Nicht immer brauchte es eine Maske, manchmal ist der Mensch selber in der Lage, seine eigene Maske zu sein, wenn es darauf ankommt. Er läßt es zu, daß sich Nahema in aller Ruhe setzt, bevor er mit den Verhandlungen beginnt. Das Glas mit Wein steht neben ihm. Ansonsten hat er nichts vor sich auf dem Tisch.
Neben del Maro hat sich Außenministerin Saraa Aalto hingesetzt und gleich neben ihr sitzt eine junge Frau mit kurzen Blonden Haaren, welche scheinbar das Protokoll zu führen gedenkt. Vor ihr liegt ein PDA. Dort würde sie wohl die Ergebnisse der Verhandlung eintippen. Wenn es gut läuft, gäbe es für beide Seiten etwas zu unterschreiben. Wenn nicht...
Nahema nimmt den ihr zugedachten Platz ein und stellt das Weinglas leicht versetzt vor sich auf den Tisch. Nachdem sie Platz genommen hat, platzieren sich ihre Gardisten zu beiden Seiten hinter ihrem Stuhl - stehend. Sie legt eine behandschuhte Hand neben das Weinglas und richtet ihren Blick auf Del Maro.
"Nun, als Gastgeber obliegt es Seiner Entscheidung, den ersten Punkt anzuführen."
Präsident Del Maro nickte zustimmend. Er nahm ein kleines weißes Taschentuch aus Stoff aus seiner Anzugs-Jacken-Tasche heraus und nahm seine Brille ab. Er sprach während er gleichzeitig seine Brille putzte. Eine Handlung, die auf eine Weise bedacht, beinahe meditierend wirkte. Vielleicht war dies auch der Zweck dieser Handlung oder die Brille war einfach nur schmutzig geworden.
"Meiner Interpretation nach gibt es ein Faktum, welches an dieser Stelle besprochen werden muss, bevor wir ihn unserem Diskurs weiterfahren. Im Moment schweigen zwar die Waffen, dennoch fühlen sich unsere beiden Fraktionen dazu veranlaßt zu schießen, wenn einer dem anderen zu nahe kommt. Wenn ich ihr Ersuchen richtig gedeutet habe, sind sie mit dem Bestreben hierhergekommen, um im besten Falle Frieden zu schließen, im Minimum aber einen Waffenstillstand auszuhandeln. Ist das ihr Begehr?"
Del Maro hatte seine Brille geputzt und setzte diese wieder auf. Mit einer ruhigen Ausstrahlung betrachtete er Nahema.
"Er war Unser Gast, als Wir das Galaktische Konzil beriefen, um Frieden zu schaffen - und Er war Zeuge des Scheiterns Unseres edlen Ansinnens in Gegenwart von Misstrauen. Wenn Er sich unsere Ankunft mit bereiten Waffen Bezug nimmt, sei Ihm versichert, dass Unser Verhalten nur dem Schutz Unserer Person dient... Vertrauen kann nicht gekauft, sondern muss erworben werden, umso mehr, wenn die Kluft der Vergangenheit überbrückt werden muss.
An Unserem Wunsch nach Frieden hat sich nichts geändert seit den Tagen des Konzils."
Sein Blick blieb unberührt und zielte genau auf die Augen, welche sich hinter dieser Maske verbargen. Oh, Augen verraten die Gefühle. Keine Maske konnte diese verbergen. Die Frage war nur, ob Del Maro den Augenausdruck eines Mantus richtig deuten konnte und ob es von irgend einer Relevanz war, wenn er ihre Gefühle deute. Er wußte aber, daß sein Blick eine Wirkung hatte, unter Umständen auch auf einen Mantu und er strahlte absolute Ruhe, absolute Souveränität aus.
