Zusammengezogen saß Adhara auf dem Boden im Shinto Schrein. Sie hatte versucht, auf dem Panoramadeck zu lernen, doch im Augenblick konnte sie sich auf nichts konzentrieren. Es war nun amtlich, dass es einen neuen Marshall geben würde. Was das für ihre Beziehung bedeuten würde stand noch in den Sternen... Dieser Ort war es gewesen, der sie nach der Party nach vorne blicken ließ. Und hier hatte sie sich zum ersten mal privat mit Marcus unterhalten, als er sie angesprochen hatte, ob alles in Ordnung war.... Ihr ziemlich ungeschicktes aneinander vorbei Reden hatte dazu geführt, dass sie sich letztendlich näher gekommen waren und sich im Landurlaub verliebt hatten. Durch ihre Verletzung war sie für die letzten Wochen zu ihm ins Quartier gezogen. Doch die Ungewissheit wie es weitergehen würde stresste sie beide. In Miami hatte Adhara noch gedacht- oder zumindest gehofft- dass sich bis zum Ende von Marshall Wests Amtszeit irgendeine Lösung finden würde, doch dem war nicht so. Würden sie es schaffen im Falle seiner Versetzung eine Fernbeziehung zu führen? Sie selbst war bis zum Abschluss ihres Studiums an die Sewastopol gebunden. Würden sie es aushalten, sich gegebenenfalls zwei Jahre nicht zu sehen? Oder war es vielleicht besser, die Beziehung vorher zu beenden? Sie traute sich kaum, diesen Gedanken zuende zu denken... Doch das Unvermeidliche zu ignorieren hatte sie auch nicht weitergebracht. Und ihr Optimismus wich der möglichen Realität...
"Liebe ist nie leicht." sagte ein Corbeaus bekannter Bariton hinter ihr.
"Als ich 19 war musst ich mein ungeborenes Kind und meine Frau verlassen. Mit 28 wurde meine Ehe geschieden über Subraum. Danach lernte ich Doktor E'Lar kennen und lieben aber unsere Beziehung zerbrach unter meinen Ausstieg, meinen Verletzungen und meiner Pflicht gegen über meinem damaligen Schiff, der Yamato. Auch hier war die Scheidung ein Faktor und nun versuche ich es ein 3. Mal mit einer Frau die ebenfalls in der Flotte ist. Glauben Sie mir Adhara, ich weiß wie Sie sich fühlen."
Admiral Jonathan "Typhoon" West saß hinter ihr auf den Sitzgelegenheiten im Schrein, den Körper leicht nach vorne gebeugt und die Hände ineinander verflechtet.
Adhara zuckte leicht zusammen. West hatte ein Talent, sich von hinten an sie heran zu schleichen und sie zu erschrecken. Auf der Laufbahn hätte sie ihn aus Reflex fast dafür geschlagen. Sie atmete einmal tief durch und wandte sich ihrem neuen Kommandanten zu.
"Es ist die Ungewissheit.... Ich meine....Sie sind jetzt Kommandant, Commander Nakamura wird XO... " Sie schaute ihn aus großen grünen Augen an.
"Was bleibt da für Marcus? Entweder ein 'Downgrade', was ihn fürchterlich wurmen würde, weil es sein Traum ist, eines Tages einen Träger zu kommandieren... oder eine Versetzung. Rein egoistisch gedacht, würde ich mir wünschen, dass es eine Möglichkeit für ihn gäbe, an Bord zu bleiben. Allerdings will ich ihm auch nicht im Weg zu seinem eigenen Kommando stehen."
Sie musterte West einen Augenblick.
"Bitte seien Sie ehrlich: Fernbeziehungen- wenn man auf unterschiedlichen Trägern stationiert ist- funktionieren nicht, n'erst-ce pas?"
Es schien ja so schon schwierig genug zu sein. Die Liste seiner Exfrauen sprach für sich. Und Dr E'Lar war sogar auf dem selben Träger wie er....
"Ich weiß nicht, ob Sie es mitbekommen 'aben, aber ich setze mein Studium fort. Bis zum Abschluss könnte ich also nicht einfach mit ihm gehen, sollte er versetzt werden."
"Entscheiden Sie sich für ihre Karriere... vorerst. Es ist nur ein Rat, Sie müssen ihn nicht befolgen aber.. ich möchte nicht das Sie sich unnötig quälen. Sie beide."
Seine Stimme eher matt und müde, seine Erfahrung mit ähnlichen Situationen hatten ihn zu einem Pragmatiker gemacht und er hoffte ihr irgendwie helfen zu können.
Im Grunde hatte sie keine andere Antwort erwartet. Dennoch schmerzte es, die Realität ausgesprochen zu hören.
"Aber....was meinen Sie mit 'vorerst' ?
Wusste er etwas, was sie nicht wusste? Oder interpretierte sie gerade zu viel in seine Wortwahl? Ihr Mustern wurde noch etwas eindringlicher, so als würde sie versuchen, seine Gedanken zu lesen.
"La vie", verbesserte sie ihn direkt unbewusst und automatisch.
"Sie....'aben mit ihm gesprochen?"
Falls ja, warum hatte Marcus sie dann nicht darüber informiert. Doch wirklich schlau wurde sie aus seinen Worten nicht. Im Gegenteil: sie verwirrten sie noch mehr. Sein Wunsch wurde ihm also erfüllt.... Was war denn sein Wunsch? Dessen schien er bisher nie wirklich sicher gewesen zu sein. Doch er nannte ihn Commander. Nur Commander, nicht Lt Commander....
"Sir, Sie verwirren mich. Noch mehr als ich es vorher war...."
War es fair, bloß die "Wege der Navy" in den Raum zu werfen, statt eine klare Antwort zu geben?
"Ich habe mit noch niemanden gesprochen. Das Vorrecht eines Admirals sich seine Gedanken zu machen wie er seine Leute einsetzt und er ist in meinem Stab." führte Jon den Gedanken zu Ende.
"Das ist das Problem an der Sache, PO, Sie sind sich nicht mal selbst sicher was sie möchten. Das mit dem Studium ist eine 2. Chance, packen Sie sie an! Sonst werden Sie es sich immer vorwerfen."
"Im Grunde sind Marcus und die Leute in seinem Umfeld die, die mich wieder auf den richtigen Kurs gebracht 'aben, nach vorne zu schauen statt auf der Stelle zu treten. Was ich will? Alles. Eine Karriere und eine funktionierende Beziehung. Das wollen wir beide. Allerdings bekommt man nicht immer das, was man will.... Ich bin da realistisch: Einer von uns wird etwas opfern müssen: Entscheidet sich Marcus für ein eigenes Kommando, wird das unsere Beziehung nicht überstehen. Entscheidet er sich für mich, opfert er das eigene Kommando. Und ich werde die Sewastopol nicht verlassen. Ich werde mein Studium nicht für eine Beziehung opfern, die gerade ein paar Monate andauert- auch wenn es mir das 'erz brechen würde. "
Adhara starrte auf den Boden vor ihren Füßen.
"Seine Großmutter meinte im Vertrauen zu mir, dass wir viel von einander lernen können. Was auch immer die Zukunft bringen wird... ich 'abe gelernt, dass man Entscheidungen zwar nicht rückgängig machen, doch auf ihnen aufbauen kann. Und was noch wichtiger ist: wieder emotionale Nähe zulassen zu können."
"Damit haben Sie schon mehr begriffen als so mancher in der Flotte." sagte Jon ruhig und lehnte sich zurück.
"Sobald Tacres Zeit für mich hat, werde ich in Ruhe mit ihm alles durchgehen und dann sehen wir weiter aber es war mir auch wichtig Ihre Seite zu hören."
