Der Trägeralltag hatte Adhara wieder eingeholt, doch war ihre erste Schicht auf der Krankenstation im Gegensatz zu dem meist irgendwie improvisierten Dauereinsatz auf Gilmore erstaunlich ereignislos. Insgeheim war sie dankbar für diese ruhige Schicht, denn trotz des weiteren freien Tages und all der liebevollen Aufmerksamkeit von Marcus steckte ihr Gilmore doch noch mehr in den Knochen, als sie es sich eingestehen wollte. So entschied sie sich zwischen Dienstschluss und Abendessen für einen kleinen Besuch auf dem Schießstand. In der Vergangenheit hatten ihr Schießübungen immer geholfen, sich zu entspannen und abzuschalten.
Kein Gedanke, was Bekkner oder Waym gerade machten, einfach Gilmore mal Gilmore sein lassen und sich einfach nur auf das Ziel vor sich konzentrieren... Wenn sie das schaffte, war sie zumindest in der Ruhe des Schießstandes eine verdammt gute Schützin.
Es waren ein paar Tage vergangen, seit er mit dem Colonel aneinander geraten war. Er mochte ihn nicht. Für ihn war der Colonel nichts anderes als ein degradierter Offizier, der wahrscheinlich für nichts mehr gut war, außer dem Flugdeckchef zu mimen und andere nur anhand ihres Ranges zu beurteilen und an ihrer schriftlichen Quali zu messen.
Solche Typen hätten in seiner alten Truppe, nicht sehr lange durchgehalten.
So betrat er nun den Schießstand, um sich ein wenig abzureagieren. Er bereitete seine Dienstwaffe für die Übungen vor. Er hatte die junge Dame zwar mitbekommen, aber da er lieber für sich war, ignorierte er Sie vorerst. Vielleicht würde man ins Gespräch kommen, aber wenn nicht, war es auch nicht tragisch.
Adhara hatte mitbekommen, dass sich jemand zu ihr gesellt hatte, doch sie wollte ihre Konzentration nicht verlieren, so behielt sie ihren Gehörschutz auf und widmete sich erst einmal ihrem Ziel, ehe sie einmal freundlich mit
"Bonsoir"
zur Seite grüßte. Zu schießen hatte für sie fast etwas Meditatives. Nur das Ziel klar vor Augen. Ruhiger fließender Atem. Volle Konzentration....
Es war ein Pilot der Engel, 2nd Lt... Anscheinend neu, denn sie hatte ihn zuvor noch nie gesehen. Aber schließlich war sie auch fast zwei Monate auf Gilmore gewesen.
Jason wollte gerade ansetzen, um auf das ziel zu schießen, nachdem er Schutzbrille und Gehörschutz aufsetzte als er angesprochen wurde.
"Hallo."
antwortete er höflich und legte los. Die ersten Treffer waren nicht wirklich zufriedenstellend. Anscheinend lag ihm die Geschichte vom Flugdeck noch was im Magen. Dennoch, er lud nach und feuerte nochmals. Das sah schon was besser aus, aber zufrieden war anders.
Während sie ihr Ziel per Knopfdruck ein Stück weiter nach hinten verschob, wagte sie einen kleinen Blick zu dem Piloten nebenan. Ja, so sah es aus, wenn man erst einmal wild darauf los ballerte. Das wäre bei ihr selbst auch nicht anders. Sollte sie...? Nein, für's Erste schluckte sie einen Kommentar runter, wollte sie als Petty Officer dem Lt gegenüber nicht klugscheißerisch rüberkommen. Kurz beobachtete sie ihn, wie er sich langsam verbesserte und widmete sich dann wieder mit einer ziemlichen Präzision ihrem eigenen Ziel.
Zuletzt geändert von Corbeau am 5. November 2019 22:50, insgesamt 1-mal geändert.
Einige Zeit später betritt Bragg den Schießstand mit zwei Waffen, die unterschiedlicher nicht sein könnten... ein Scharfschützengewehr und eine riesige Ausgabe eines Maschinengewehrs, was viel zu schwer für einen einzelnen Mann wirkt, und dennoch trägt es Bragg mit einer Hand.
"YO! Ganz schön was los hier, hätte ich nicht erwartet!" grüßt er die beiden Anwesenden und überlegt einen Moment, ob er ihnen schon begegnet ist, aber er kann sich nicht erinnern. Daher setzt er einfach ein freundliches Grinsen auf und verzieht sich in eine abgelegene Bucht am Rand des Schießstands. Dort stellt er das Scharfschützengewehr sorgfältig aufrecht an die Wand gelehnt ab, dann nimmt er das Maschinengewehr und macht ein paar Bewegungen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Schliesslich legt er den Finger auf den Abzug ...
Eine knatternde Salve prasselt auf die Zielscheiben nieder, nicht punktuell wie die Pistolen der beiden anderen, sondern mit vernichtender Wirkung, so dass das Ziel förmlich in Fetzen gerissen wird. Ein glücklicher Ausdruck liegt auf seinem Gesicht. Der Lärm dringt sogar durch den Gehörschutz der anderen.
"Ein paar Jahre nach Beginn meiner Laufbahn kam der Moment, als ich wusste, dass ich genug gesehen hatte. Seitdem habe ich sehr viel mehr gesehen, aber ich habe es ausgeblendet. Die Seele erträgt nur eine gewisse Menge."
Nachdem er etwas Frustschießen gemacht hatte, setzte er nun an, wirklich die Sache ernst zu nehmen und zielte nun genauer und traf auf wesentlich besser. Allerdings brachte ihn kurz der andere Typ, der rein kam, etwas aus dem Konzept mit seiner Aktion. Die Waffe schien aber zu diesem Kerl zu passen. Ohne Hirn einfach mal alles shreddern, was im Weg steht.
Er schüttelte nur den Kopf und schoss dann weiter. Dieses Mal nur mit dem Ziel, die Mitte zu treffen, was auch gelang. Er gab sich allerdings auch Mühe, das rumgerotze des anderen zu überhören.
Eine Maschinengewehrsalve riss Adhara aus ihrer Konzentration, was sie für den Augenblick kurz wurmte. Sich ablenken zu lassen gehörte im Ernstfall zu den Fehlern, die einem das Leben kosten konnten. Und mangelnde Konzentration hätte sie um ein Haar ihre Hand gekostet.... Der Anblick des zerfledderten Ziels und des riesigen Kerls mit seinem ebenfalls riesigen Maschinengewehr amüsierte sie jedoch. Erst Recht als sie sein zufriedenes Grinsen sah. Es hatte fast etwas Kindliches. Er war ein Pilot der Wolves und auch ihm war sie nie zuvor begegnet. Anscheinend war in den letzten Wochen viel passiert. Neugierig trat sie auf ihn zu.
"Aus reiner Neugier- darf ich das Ding mal 'alten?"
Es interessierte sie, was diese anscheinend auf seinen Körpergröße angepasste Wuchtbrumme wohl wog. Sie selbst war für eine Frau nicht besonders klein und hatte mehr Kraft als es ihre sehr schmale Statur vermuten ließ, doch insgeheim bezweifelte sie, dass sie damit schießen konnte...
"Pardon. Petty Officer Adhara De Lacroix", stellte sie sich noch schnell vor.
Bragg hört die weiche Stimme der Frau und nimmt den Finger vom Abzug, das Dröhnen der sechsläufigen Flechette klingt ab und die Waffe verstummt. Mit ein wenig Vorsicht dreht er den Oberkörper zu ihr, so dass die Waffe weiterhin nach vorne deutet, und schenkt ihr ein breites Grinsen.
"Klar doch, Ma'am, aber ich würde Ihnen empfehlen den Tragegurt dafür anzulegen, damit sich das Gewicht besser verteilt. Müsste in der Kiste liegen."
Er setzt die wuchtige Waffe auf dem Boden ab und wendet sich ihr nun gänzlich zu.
"LT. Alphonse Bragg, zu Ihren Diensten, Ma'am! Dürfen mich gerne Phonsy nennen." meint er mit unverändertem Grinsen, ehe er zur Transportkiste tritt und eine Art Geschirr herausnimmt. "Bevor sie das aber anlegen, würde ich gern was fragen..." Er kratzt sich verlegen am Kopf. "Sie...sind nicht zufällig die Schwester vom Admiral, oder so ? Nicht dass ich mich noch unbeliebter mache."
Mit der anderen Hand nestelt er an den Verschlüssen, um sie zu lösen...schliesslich musste man das Geschirr noch auf ihre Größe einstellen...
"Ein paar Jahre nach Beginn meiner Laufbahn kam der Moment, als ich wusste, dass ich genug gesehen hatte. Seitdem habe ich sehr viel mehr gesehen, aber ich habe es ausgeblendet. Die Seele erträgt nur eine gewisse Menge."
Jason hörte inzwischen auf zu schießen. Er hatte seinen 'Spass' und Lust hatte er auch keine mehr. Er packte alles ordnungsgemäß und sicher weg und sah zu den beiden Anwesenden.
Man, wenn ich deine Probleme hätte, hätte ich keine. Hoffe nur die Kleene verletzt sich nicht. dachte sich Jason. Nicht nur das er Aliens nicht mochte, er hatte in der Zeit schon eine Antipathie gegen Menschen entwickelt. Kameradschaft gab es für ihn nicht, nur die Mission und das was sie als Geschwader zu erledigen hatten. Ob jemand fiel, interessierte ihn schon lange nicht mehr. Jeder Gefallene war ein Verlust, mehr nicht.
Er war nicht immer so gewesen. Aber mittlerweile war es ihm egal, ob er sich unbeliebt machte oder nicht. Wenn ihm was nicht gefiel, sagte er es und da konnte man sich hinter seinen höheren Rang oder Erfahrung verstecken wie man wollte. Jeder hatte auf dem Schiff seinen Job zutun. Er war weder etwas besseres noch schlechteres. Es ist nichts besonderes, wenn jemand bis zum Colonel aufstieg. Er hatte Glück und das Können reichte aus, um nicht getötet zu werden. Aber sogenannte Kriegshelden oder Legenden gab es für Jason nicht. Denn die nächste Mission konnte schon Letzte sein. Und umso mehr man gesunde Distanz zu seinen Kollegen hatte, umso besser für die Seele, wenn sie abgeschossen wurden.
Er blieb im Raum und beobachtete ab jetzt das Geschehen. Er wollte wissen, was die Kleene drauf hatte.
