Autsch! Hatte er das wirklich gesagt ?! Wie sollten ihre Eltern Verständnis für ihren Weg entwickeln wenn nun indirekt die Aussage im Raum stand, möglichst schnell alle anzufertigen, da man sich schließlich unter Umständen Jahre nicht sah- oder noch kontraproduktiver: jeder Tag der letzte sein konnte. Und so ganz sah Adhara das auch nicht so. Eigentlich ging es ihr mehr um die Qualität der freien Zeit.... Unkommentiert lassen würde sie das nicht, doch sie verkniff es sich für später. Die Gesichter ihrer Eltern sprachen für sich.
Kaum hatte sich die Haustür hinter ihnen geschlossen und Adhara versichert, sich zu melden, wo sie gemeinsam zu Abend essen würden, seufzte sie schwer. Wie sagte man so schön: Zeit, schreiend im Kreis zu laufen?!
"Es tut mir wirklich leid. Ich weiß nicht, wann sie "so" geworden sind...Aber du machst es einem auch nicht gerade leicht mit deinem Sturschädel. Ich 'abe bei deinem Vater versucht zu lächeln und trotz aller Ablehnung unserer Arbeit gegenüber freundlich Smalltalk zu 'alten obwohl er dich so gut wie ignorieren 'at. Die Naht zu sehen ist für meine Eltern so ziemlich das Einzige was sie von meiner Arbeit je zu sehen bekommen werden. Das mag vielleicht abstrus rüberkommen...."
Sie winkte ein Taxi heran und nannte dem Fahrer eine Adresse und ein Hotel, das auch in der Nähe des Juweliers lag.
Innerlich war Marcus einigermaßen froh das er und Adhara auf dem Weg zum Hotel waren. Das noch ein gemeinsames Abendessen bevor stand schob er zunächst in den Hintergrund. Im Taxi selbst suchte er dann nach ein paar Worten als Antwort.
Du musst dich nicht entschuldigen....und sooo stur war ich doch gar nicht. Nur war diese Fleischbeschau für ein allererstes aufeinandertreffen ein wenig too much in meinen Augen. Ich bin doch kein Studienobjekt. Nicht falsch verstehen. Sie scheinen echt nett zu sein, aber etwas mehr Fingerspitzengefühl im zwischenmenschlichen wäre nicht verkehrt gewesrn
Er klang die ganze zeit über ruhig. Sogar ein kleines Schmunzeln war zu sehen.
"Mon dieu.... mein Vater ist der personifizierte 'Gott in Weiß" und meine Mutter denkt, sie 'ätte die Gefäßchirurgie erfunden. Manchmal wundert es mich, dass sie Obst und Gemüse nicht mit einem Skapell schneidet, lachte sie.
"Fingerspitzengefühl 'aben sie nur, wenn sie operieren. Meine Eltern praktizieren seit über dreißig Jahren.... Wenn du mit einer Verletzung auftauchst, sehen sie dich automatisch als Patienten. Und in der Regel weigert sich ein Patient nicht, den Verband abzunehmen.", versuchte sie, die "Fleischbeschau" zu rechtfertigen und zu erklären.
Sie legte eine Hand auf seinen Oberschenkel.
"Sie 'aben keine Erfahrung mit dieser Situation. Das 'aben wir alle nicht. Ich 'atte vorher nie die Chance, ihnen meinen Freund vorzustellen. Als Teenager war ich auf dem Internat. Und zugegeben- die Liebeleien damals waren nie ernst genug ... Gleiches gilt für die Studienzeit. Da gab es nie jemand Festes. Und Matteo.... "
Kurz schweifte ihr Blick hinaus während die Seine beim Blick aus dem Taxifenster sichtbar wurde.
"Sie 'ätten ihn gehasst. Künstler und Rebell.... Tätowierer, Marine."
Sie schaute zu Marcus. Musternd. Was machte er wohl für einen ersten Eindruck wenn er nicht CAG oder XO war, sondern einfach nur der Mensch Marcus Bearing, Freund der Tochter?
Marcus seufzte leicht. Er legte seine Hand auf ihre und hielt sie so fest.
Sehen wir es positiv. Dein Dad hat mich nicht gleich raus geschmissen. Also hätte schlimmer laufen können
Er lächelte Adhara an. Allerdings entging ihm nicht wie sehr sie ihren Blicl in die Ferne schweifen ließ als sie auf Matteo zu sprechen kam. Insgeheim fragte er sich ob sie ihn mit Matteo verglich oder lieber diesen an Marcus' Stelle haben wollen würde.
"Meine Eltern sind vielleicht speziell....aber doch keine Unmenschen. Sie wollen dich kennen lernen....Wir sind eingeladen."
Irgendwie waren sie gerade angespannter als sie es im Urlaub sein sollten und Adhara wusste nicht so ganz wie sie damit umgehen sollte. Sie hoffte, dass es sich alles im Laufe des Tages geben würden, wenn sie ein Hotelzimmer hatten und sich darum kümmern konnten, Williamsons Ring loszuwerden. Auch so eine seltsame Situation.... Dann würde das Abendessen auf neutralem Boden stattfinden.
"Ich denke, bei ihnen ist inzwischen angekommen, dass ich die Dinge auf meine Art erledige. Und auf ihre Art sind sie stolz. Sie wollen uns ja keine Steine in den Weg legen... Bloß schauen, wer der Mann ist, der mich auf meinem Weg auf meine Art begleitet. Und sind Väter nicht immer un peu eifersüchtig, wenn ein anderer Mann plötzlich wichtiger im Leben ihrer 'petite princess' geworden sind als sie selbst?"
Kann ich nicht sagen ob Väter da eifersüchtiger sind. War bei mir bisher nicht der Fall.
Die Fahrt führte entlang der Seine tiefer in die Innenstadt. Einige Kreuzungen später standen beide vor dem Hotel, die Taschen geschultert.
Ich kann ja verstehen das sie wissen wollen wie du dich machst und sie sich Sorgen machen das irgendwas schief geht. Aber ich hatte das Gefühl das beide in dir noch immer die kleine Tochter sehen dir du als Kind gewesen bist. Und nicht als selbstständige erwachsene Frau.
Auf dem Weg zur Rezeption ging das Gespräch zwischen beiden einfach weiter.
als würden sie dir keine Selbstständigkeit zu trauen
Marcus selbst wollte in keinerlei Hinsicht das Adhara sich für eine Seite entscheiden musste. Für ihn war es ein einfaches Gespräch und keine Grundsatzdiskussion.
"Du bist ja auch- zumindest laut eigener Aussage- nie eine feste Bindung eingegangen. Dein eigentlich einziges Problem mit deinem Vater ist der Beruf. Aber vielleicht dachte er auch, ich wäre bald wieder Geschichte? Würde aufgeben...wie meine Vorgängerinnen. Dummerweise kann ich beharrlich und stur sein."
Sie warf einen frechen Blick über die Schulter und überholte Marcus auf dem Weg zur Rezeption, wo sie mit dem Rezeptionisten eine Weile auf Französisch redete bis sie eine Keycard überreicht bekam.
"Merci beaucoup."
Erst jetzt wandte sie sich wieder Marcus zu und zwinkerte.
"Fünfte Etage. Kleiner Balkon. Frühstück von 7 bis 10, das 'otel 'at einen kleinen Spa Bereich. Und natürlich sehen mich meine Eltern noch als 'kleines Mädchen'. Daran bin ich nicht ganz unschuldig: Die erwachsene Frau bekommen sie ja so gut wie nie zu Gesicht- und wenn dann immer nur für ein, zwei Tage. Sie wissen wie ich aussehe, aber wirklich kennen können sie mich nicht. Dafür bin ich ihnen zu lange aus dem Weg gegangen um meine Ruhe zu 'aben. Kollektivversagen als Familie.... Vielleicht können wir 'eute Abend anfangen, in die richtige Richtung zu gehen."
Sie schulterte ihren Seesack und ging auf den Lift zu. Nach ein paar Schritten hielt sie innen und wartete- ihre Hand nach ihm ausstreckend- auf Marcus.
Mit der freien Hand ergriff Marcus die von Adhara während er in der anderen seine Tasche trug.
An mir soll es nicht scheitern heute Abend. Ich werde mir definitiv Mühe geben. Aber eines ist sicher. Sollte dein Dad fragen ob ich mit ihm golfen gehe.....werde ich dankend ablehnen
ein leichtes Grinsen umspielte seine Lippen. In seinen Augen war Golf der Sport der Pensionäre. Und bis dahin hatte arcus noch jede Menge Zeit. Und sowieso hatte er mehr Gefallen daran auf einem Brett im Meer die Wellen zu reiten. Der Lift öffnete sich und brachte beide an ihr Ziel. Ein schönes geräumiges Zimmer, mit herlichem Ausblick. Marcus stellte seine Tasche ab und schaute sich erst einmal um. Im Badezimmer blieb sein Blick an der badewanne heften.
Ob die für uns beide reicht?
ein Schelmisches Grinsen wanderte in Richtung Adhara
"Dass er dich das fragen könnte ist gar nicht so abwegig..."
Doch die Vorstellung war schon witzig. Tatsächlich konnte sie sich Marcus nur schwer dabei vorstellen. Er brauchte mehr Action: Surfen, Motorrad Fahren, Boxen..
Sie betraten das Zimmer und Adhara schmiss als Erstes ihre Tasche aufs Bett- und sich selbst hinterher. Sie drehte sich zu Marcus, der das Bad mit eindeutigen Gedanken inspizierte.
"Wir werden es 'erausfinden..."
Ihr Blick ließ vermuten, dass es in ihren Gedanken bereits konkrete Formen annahm.
"Ansonsten müssen wir uns eben un peu verknoten.
Es sofort zu versuchen hatte etwas Verlockendes, doch da war noch die Sache mit dem Ring...
""Aber vorher sollten wir noch zum Juwelier gehen. Das ist nicht weit von 'ier. Vielleicht zehn Minutes zu Fuß... Wir 'aben mehr Ruhe für die angenehmen Dinge in der Stadt der Liebe wenn das erledigt ist.
Da war wieder diese eine Sache die noch erledigt werden musste. Noch immer war Marcus ratlos darüber warum Wiliamson den beiden den Ring schickte. Doch Adhara und Marcus waren sich einig, das sie diesen nicht behalten konnten. Er drehte sich zu ihr um und streckte beide hände aus.
Ja...du hast recht. Also los...gehen wir.
Es schien fast so als wolle Marcus den Ring so schnell wie möglich los werden. Ein bisschen fühlte er sich unwohl mit dem Gedanken, das dieses Schmuckstück noch immer in ihrer Verantwortung lag.
